MEDIZIN: Diskussion
Milde Formen der Schilddrüsenfehlfunktion – Ursachen, Diagnostik, Vorgehen: Verschärfte Substitutionsempfehlung nötig


Einschlafen am Steuer mit Unfallfolge wird hierzulande als „gemeingefährliche Straftat“ schwer bestraft. Die Gefahr, dass sich beispielsweise bei Kraftfahrern, Piloten, Bedienpersonal – und übrigens auch Ärzten – mangelnder Schlaf und eine „nur“ latente Unterfunktion in unheilvoller Weise potenzieren, sollte sicherheitshalber als hoch eingeschätzt werden. Hinsichtlich der forensischen Auswirkungen von Schilddrüsenfunktionsstörungen fehlen gegenwärtig nämlich ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse.
Sicherlich ist der TSHb-Wert auf Plausibilität hin zu kontrollieren und insbesondere mit der Klinik abzugleichen. Die Neufestlegung des TSHb-Referenzbereichs auf eine Obergrenze von 2,5 mU/L ist außerordentlich praxisnah und verdienstvoll, auch wenn dabei die Pharmaindustrie mitverdienen dürfte. In diesem Sinne kritikwürdig sind auch Bestrebungen, die Obergrenze des Anti-TPO-Antikörper-Referenzbereiches anzuheben.
Die Zusammensetzung des Schilddrüsenpatientenkollektive ist an Universitäten eine völlig andere als im niedergelassenen Bereich: Während an der Universität Hashimoto-Patienten selten und meist antherapiert sind, gibt es im niedergelassenen Bereich viele, untherapierte Hashimoto-Patienten mit grenzwertigen Befundkonstellationen. Daher liegt möglicherweise ein Selektionsbias vor.
Müdigkeit und empfundener Leistungsabfall sind sicherlich oft unspezifisch. Um hier eine Übertherapie zu vermeiden und die richtigen Patienten zu selektieren, benötigt man Erfahrung. Es wäre zu schön, sich bei diesen schwierigen Entscheidungen auf pauschalisierte Leitlinien verlassen zu können.
Patienten mit TSHb-Werten > 2,5 mU/L und hypothyreoter Symptomatik, insbesondere Müdigkeit und Leistungsabfall, sollten daher mit L-Thyroxin eingestellt und der klinische Erfolg, das heißt, die Symptombesserung, überprüft werden.
PD Dr. med. Enst G. Eising
Elper Weg 66, 45657 Recklinghausen
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Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.