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Stammzellforschung: Wackelkurs der Bundesregierung


Die Bundesregierung gibt ihm mit dem Zweiten Stammzellbericht in seiner Einschätzung grundsätzlich recht. „Die Stammzellforschung bewegt sich noch überwiegend im Bereich der Grundlagenforschung“, heißt es darin. Der Bericht stellt für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2005 die Erfahrungen des Robert-Koch-Instituts als zuständige Behörde für die Prüfung und Genehmigung von Anträgen auf Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen zu Forschungszwecken dar. Vor einer routinemäßigen Übertragung der Erkenntnisse auf den Menschen müssten noch zahlreiche grundlegende Fragen der Entwicklungsbiologie und Zelldifferenzierung beantwortet werden. In dem Bericht wird allerdings eingeräumt, dass zur Klärung dieser Fragen gerade die Forschung mit embryonalen Stammzellen einen wichtigen Beitrag leisten könne, zumal auch die an tierischen Stammzellen gewonnenen Erkenntnisse vor ihrer Anwendung am Menschen mithilfe humaner Stammzellen auf ihre Übertragbarkeit geprüft werden müssten.
Kürzlich hatte die Deutsche Forschungsgemeinschaft für eine Abschaffung der Stichttagsregelung im Stammzellgesetz plädiert. Mit ihr verbietet der Gesetzgeber in Deutschland tätigen Wissenschaftlern eine Nutzung von menschlichen embryonalen Stammzelllinien, die nach dem 1. Januar 2002 hergestellt wurden. Wie das Parlament entscheiden wird, ist noch ungewiss. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesforschungsministerin Annette Schavan hatten sich jedenfalls bereit gezeigt, über eine Verschiebung der Stichtagsregelung nachzudenken. Doch jetzt, wo es in dem Zweiten Stammzellbericht heißt, dass sich „die gesetzlichen Regelungen über die Einfuhr und Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen bewährt“ haben, rudert die Bundesregierung wieder zurück und will die umstrittene Stichtagsregelung nicht mehr aufgeben. Es bleibt fraglich, ob „Bundeskanzlerin Merkel und Ministerin Schavan ihr Hü und Hott zur deutschen Regelung der Stammzellforschung endlich beenden und sich persönlich klar zu dem gültigen Gesetz bekennen“, wie die forschungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Priska Hinz, es forderte.
Chefin vom Dienst
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Hansen, Thomas
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