

Auf den „Bänken“
im Gemeinsamen
Bundesausschuss
werden auch künftig
Ehrenamtliche
sitzen.
Foto: mauritius images
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Beim Schachspiel ist es so: Spieler A gibt freiwillig einen Bauern preis, in der Hoffnung, dass er durch diesen Zug anderweitig einen Vorteil erlangt. Dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ist dieses „Bauernopfer“ geglückt: Die ursprünglichen Pläne des Bundesgesundheitsministeriums, die Mitglieder im Beschlussgremium des G-BA künftig als hauptamtliche zu berufen, sind vom Tisch. Die Selbstverwaltungsvertreter aus den Reihen der (Zahn-)Ärzteschaft und der Krankenkassen bleiben – zu deren großen Zufriedenheit – unabhängiger vom Willen der Regierung. Dafür müssen die drei unparteiischen Mitglieder des obersten Beschlussgremiums der Selbstverwaltung von Mitte 2008 an hauptamtlich tätig sein. „Das ist einer der wenigen Punkte, in denen sich die Kritiker der Gesundheitsreform durchsetzen konnten“, betont G-BA-Vorsitzender Dr. jur. Rainer Hess gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt.
Ursprünglich hatte das BMG geplant, drei Mitglieder aus den Reihen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sowie drei von dem neu zu gründenden Spitzenverband Bund hauptamtlich in das Beschlussgremium des G-BA zu berufen (siehe DÄ 39 und 44/ 2006). Dieser Wechsel von der derzeitig „ehrenamtlichen“ in eine weisungsgebundene hauptamtliche Tätigkeit der G-BA-Mitglieder werde dazu führen, dass das Beschlussgremium zu einer Art „Bundesoberhörde“ mutiere, lautete die einhellige Kritik seiner Mitglieder. Die Selbstverwaltung sei dann nicht mehr unmittelbar im G-BA vertreten und ein Interessenausgleich nicht mehr in der jetzigen Form möglich. Nun hat Hess den Kampf um die Beibehaltung der „Bänke“ (Leistungserbringer, Krankenkassen, Patientenvertreter) gewonnen; die Fraktionen von CDU/CSU und SPD sind den Einwänden im Entwurf zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz nachgekommen.
Auf die unparteiischen und damit demnächst hauptamtlichen Mitglieder des G-BA wird indes mehr Arbeit zukommen. Sie müssen dem Gesetzentwurf zufolge künftig den Vorsitz sämtlicher Unterausschüsse des G-BA übernehmen. Dafür soll die Anzahl der Unterausschüsse von Mitte 2008 an von derzeit 27 auf neun reduziert werden. Außerdem verbessert sich gleichzeitig deren Besoldung. Hess geht davon aus, dass diese ähnlich wie die von Kassen- oder KBV-Vorständen sein wird. Unparteiische müssen allerdings nicht zwangsläufig hauptamtlich für den G-BA arbeiten. Eine Ausnahme gestattet der Gesetzgeber dann, wenn die Unparteiischen nur für eine gewisse Zeit für den Bundesausschuss arbeiten und deren Arbeitgeber sie für diese Zeit freistellt. Die Stellvertreter der Unparteiischen bleiben Ehrenamtliche.
Völlige Zufriedenheit herrscht trotz des Entgegenkommens der Großen Koalition nicht. Der Grund: An der Entscheidung, die Arbeit des G-BA durch eine sektorübergreifende Beschlusskammer zu straffen, hält die Politik fest. Bislang trafen die G-BA-Mitglieder Entscheidungen in sektorspezifischen Ausschüssen. Standen beispielsweise Beschlüsse zu vertragsärztlichen Angelegenheiten an, setzte sich das Gremium aus Vertretern der Vertragsärzteschaft zusammen. Künftig sitzen bei allen Entscheidungen die 13 Vertreter der verschiedenen Bänke sowie jeweils zwei Stellvertreter im Beschlussgremium (drei Unparteiische, zwei KBV-Vertreter, zwei DKG-Vertreter, fünf von den Spitzenverbänden der Krankenkassen) – unabhängig davon, ob es um Krankenhausbehandlung oder psychotherapeutische Fragen geht. Unter den Stellvertretern der KBV können – und das begrüßt die Bundespsychotherapeutenkammer – je nach Thema auch Psychotherapeuten sein.
Dr. med. Nicole Schlottmann kritisiert, dass die Leistungserbringerseite durch diese Regelung „maximal geschwächt“ werde. Jeder werde für alle Entscheidungen in die Verantwortung genommen, anstelle von Professionalisierung und Bürokratieabbau geschehe das Gegenteil, so die Geschäftsführerin des Dezernats V/Medizin der DKG. Auch nach Ansicht von Hess wäre mehr Flexibilität wünschenswert gewesen. Immerhin sei in der Geschäftsordnung die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb des sektorübergreifenden Beschlussgremiums spezifische Arbeitsgruppen zu bilden.
Martina Merten