ArchivDeutsches Ärzteblatt8/2007Handy-Strahlung: Kein Beweis für ein erhöhtes Krebsrisiko

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Handy-Strahlung: Kein Beweis für ein erhöhtes Krebsrisiko

Krüger-Brand, Heike E.

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LNSLNS Die Langzeitstudie Interphone gibt bislang Entwarnung, trotzdem schüren Medienberichte weiter Ängste.

Nur schlechte Nachrichten bringen gute Schlagzeilen. Anschauungsmaterial zu dieser Binsenweisheit bot kürzlich die Aufbereitung des Themas „Handy-Strahlung und Krebsrisiko“ in einigen Zeitungen. Hintergrund waren die zuvor veröffentlichten Zwischenergebnisse des internationalen Forschungsprojekts „Interphone“ zu möglichen Gesundheitsgefährdungen durch den Gebrauch von Handys. Forscher aus Großbritannien, Schweden, Dänemark, Finnland und Norwegen konnten in ihren Langzeiterhebungen bislang keinen Zusammenhang zwischen der Handynutzung und dem Auftreten von Hirntumoren feststellen. Insgesamt befragten die Wissenschaftler 1 521 Patienten, bei denen ein Gliom diagnostiziert worden war, und 3 301 gesunde Kontrollpersonen nach ihrem Telefonierverhalten. In der größten bislang durchgeführten Studie kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass Handynutzer kein erhöhtes Gesundheitsrisiko haben. Dies gilt auch für Personen, die seit mehr als zehn Jahren ein Mobiltelefon benutzen.
Zwar wurde bei den Langzeitnutzern ein geringfügig erhöhtes Risiko festgestellt, einen Hirntumor an der Kopfseite zu bekommen, an der das Handy nach Angaben der Betroffenen beim Telefonieren gehalten wurde. Die Autoren der Studie interpretieren diese Daten jedoch mit großer Vorsicht. Sie halten es für möglich, dass dieses Ergebnis auf die subjektive Wahrnehmung der Patienten zurückzuführen sein könnte oder auf fehlerhaften Angaben beruht, und sehen weiteren Forschungsbedarf. Einige Zeitungen schlachteten jedoch genau diesen unsicheren Aspekt für ihre Titelzeilen aus (Süddeutsche Zeitung: „Handys können Krebs auslösen“; Bild: „Krebs-Angst: So stark strahlt Ihr Handy“).
Die von der WHO koordinierte Interphone-Studie untersucht in 13 Ländern den Zusammenhang zwischen Handynutzung und Tumoren im Kopf. Dabei gehen alle Forscherteams nach einem gemeinsamen Studienprotokoll vor. Neben den fünf genannten Ländern beteiligen sich Deutschland, Frankreich, Italien, Israel, Australien, Neuseeland, Japan und Kanada. Die Gesamtergebnisse der Studie sollen noch 2007 veröffentlicht werden.
Auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sieht nach derzeitigem Kenntnisstand unterhalb der Grenzwerte keine gesundheitliche Gefährdung durch den Mobilfunk. Allerdings zeige die Studie auch, dass nach wie vor wissenschaftliche Unsicherheiten beständen, so das BfS in einer Presseerklärung. Es empfiehlt deshalb, die eigene Strahlenbelastung so gering wie möglich zu halten. Das BfS fordert seit Jahren eine Kennzeichnung strahlungsarmer Handys durch den Blauen Engel. Außerdem betreibt es seit 2002 ein eigenes Forschungsprogramm auf diesem Gebiet (Deutsches Mobilfunk-Forschungsprogramm) und will Ende 2007 Ergebnisse vorlegen (www.emf-forschungsprogramm.de).
Heike E. Krüger-Brand

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