ArchivDeutsches Ärzteblatt12/2007Robert Koch (1843–1910): Die Entdeckung des Tuberkelbazillus

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Robert Koch (1843–1910): Die Entdeckung des Tuberkelbazillus

Loddenkemper, Robert

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Robert Koch gibt vor der Physiologischen Gesellschaft seine Entdeckung bekannt. Zeichnung von Theo Matejko aus dem Jahr 1939. Foto: picture-alliance/akg-images
Robert Koch gibt vor der Physiologischen Gesellschaft seine Entdeckung bekannt. Zeichnung von Theo Matejko aus dem Jahr 1939. Foto: picture-alliance/akg-images
Nach 125 Jahren ist die Tuberkulose noch immer eine Bedrohung.

Robert Koch hielt seinen berühmten Vortrag „Über Tuberkulose“ am 24. März 1882 vor der Physiologischen Gesellschaft zu Berlin. Bereits am 10. April 1882 wurde Robert Kochs Artikel („Die Aetiologie der Tuberculose“) in der Berliner Klinischen Wochenschrift veröffentlicht und erregte weltweit großes Aufsehen, bewies er doch erstmals, dass der Tuberkulose-Erreger diese Krankheit verursachte.
Robert Koch wies dabei fairerweise auf frühere Veröffentlichungen zur Infektiosität und Übertragbarkeit der Tuberkulose hin; er erfüllte jedoch als Erster die von Henle aufgestellten und dann von ihm erweiterten drei Postulate für den Nachweis einer infektiösen Ätiologie:
- Der Erreger muss sich regelmäßig im erkrankten Organismus nachweisen lassen.
- Er muss sich aus dem erkrankten Organismus isolieren, in Reinkultur züchten und in seinen morphologischen und funktionellen Eigenschaften untersuchen lassen.
- Aus der Reinkultur muss sich die Krankheit im Versuchstier reproduzieren lassen, und der Erreger muss wiedergewonnen werden können.
Robert Koch legte mit seinen äußerst sorgfältig durchgeführten Untersuchungen, die er in einer Art Multimedia-Show präsentierte, bei der er den Zuhörern den Erreger unter Mikroskopen und auf Kulturen zeigte, einen wesentlichen Grundstein für die spätere Entwicklung der Mikrobiologie, der Hygiene und auch der Immunologie.
Zuvor hatte Robert Koch, noch während seiner Tätigkeit als Kreisphysikus in Wollstein bei Posen/ Pommern, den Anthrax-Erreger als Ursache von Milzbrand entdeckt (1877) und im Anschluss eine Monografie zu „Untersuchungen zur Ätiologie der Wundinfektionen“ veröffentlicht. Dadurch war sein wissenschaftliches Ansehen so gestiegen, dass er 1880 als ordentliches Mitglied in das 1876 gegründete kaiserliche Gesundheitsamt und 1885 zum Direktor des Hygiene-Instituts in Berlin und als Professor für Hygiene an die Charité berufen wurde. 1883 entdeckte Koch während einer Expedition nach Ägypten den Cholera-Erreger, und schließlich erreichte er, dass 1891 das „Königliche Institut für Infektionskrankheiten“ gegründet wurde, dessen Direktor er bis 1904 war und das heute als „Robert-Koch-Institut“ weitergeführt wird.
Robert Koch erhielt 1905 für seine Leistungen den Medizin-Nobelpreis, erst vier Jahre nach seinem Schüler Emil von Behring. Vermutlich erfolgte diese Ehrung so spät, weil Robert Koch 1890 mit seiner Entdeckung des Tuberkulins als vermeintlichem Heilmittel der Tuberkulose Schiffbruch erlitten hatte. Seine damals weltweit propagierte Annahme, dass mit dem Tuberkulin die Heilung möglich sei, erwies sich als falsch. Robert Koch engagierte sich jedoch weiterhin für den Kampf gegen die Tuberkulose. Noch kurz vor seinem Tod hielt er am 7. April 1910 vor der Akademie der Wissenschaften zu Berlin einen Vortrag über die „Epidemiologie der Tuberkulose“. Er führte aus, dass sich die Lungenschwindsuchts-Sterblichkeit seit 1882 in Preußen halbiert hätte, und nannte mehrere Faktoren als mögliche Ursachen. Neben dem Rückgang der allgemeinen Sterblichkeit und dem epidemiologischen Verhalten wie bei anderen Seuchen hob er die „Isolierung der Phthisiker in Krankenanstalten und die Verbesserung der Wohnungsverhältnisse, insbesondere des Schlafraums“ hervor. Seinen Vortrag schloss er mit der Forderung nach Verbesserung der epidemiologischen Überwachung – heute „Surveillance“ genannt – und der Einrichtung von zusätzlichen Fürsorgestellen und anderweitigen Einrichtungen zur Bekämpfung der Tuberkulose.
Heute stellt die Tuberkulose noch immer eine Bedrohung dar, obwohl sie vor Jahrzehnten, nach Entdeckung der antibiotischen Medikamente, als nahezu besiegt erklärt wurde. Robert Kochs Forderungen nach guten Tuberkulose-Kontrollprogrammen sowie nach Verbesserung der sozialen Strukturen, ohne die die Tuberkulose nicht zu besiegen sein würde, gelten unverändert.
Zum Gedenken an Robert Koch und den 125. Jahrestag seines Vortrags – der 24. März ist seit 1982 der alljährliche Welttuberkulosetag – findet am 22. März in Berlin ein internationales Symposium mit Beteiligung hochrangiger Experten statt (www.rki.de). Dort sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, die in weiten Teilen der Welt bedrohliche TB-Situation erfolgreich unter Kontrolle zu bringen.
Prof. Dr. med. Robert Loddenkemper
Generalsekretär des Deutschen Zentralkomitees
zur Bekämpfung der Tuberkulose

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