ArchivDeutsches Ärzteblatt12/2007Gesprächsführung: Es geht um Respekt und Akzeptanz

BERUF

Gesprächsführung: Es geht um Respekt und Akzeptanz

Lange, Alfred

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LNSLNS Die kommunikative Kompetenz spielt auch im Arztberuf eine dominante Rolle.

Wie argumentiere ich richtig, wie gelingt es, dass meine Botschaft „ankommt“, wie delegiere ich, wie führe ich ein Konflikt-, wie ein Zielvereinbarungs-, wie ein Patientengespräch? Der junge Arzt sollte über entsprechende Kommunikationsstrategien und Gesprächstechniken verfügen. Täglich steht er vor der Bewältigung zahlreicher kommunikativer Herausforderungen:
- Da sind die Patienten, die von ihm Information, Aufklärung, Trost und Verständnis verlangen und ihm zudem kritische Fragen stellen.
- Da ist der Chef, der mit ihm Kritik- und Motivationsgespräche führt.
- Da sind die Teamrunden und Mitarbeiterbesprechungen, in denen er seine Ansichten vertritt.
- Da sind die Gespräche mit Schwestern und Pflegern, in denen er sich gegen „Erfahrung“ behaupten und Anweisungen geben muss.
Jede Gesprächssituation erfordert eine andere Vorgehensweise. Der Patientin, der der Arzt die schlimme Diagnose mitteilen muss, ist anders zu begegnen als dem Vorgesetzten, der ihn wegen eines Versäumnisses kritisiert, oder dem Team, dem er eine Problemlösung vorschlägt. Hinzu kommt: Die eingesetzten Strategien und Techniken müssen der Situation und dem Gesprächspartner angemessen sein. Der Arzt benötigt also ein differenziertes Repertoire an kommunikativen Strategien, das er personen- und kontextabhängig einsetzt.
Oft ist es die wertschätzende und tolerante Kommunikation, die das Tor zum Gesprächspartner öffnet und einen Dialog ermöglicht. Wertschätzende Kommunikation heißt, den anderen – gleich ob Patient, Vorgesetzter oder Praktikant – als gleichberechtigten Partner zu tolerieren, dem im Kommunikationsprozess Respekt und Akzeptanz entgegengebracht wird. Kommunikativ-soziale Kompetenz hat derjenige, der fähig ist, sich in die Lage des anderen zu versetzen, eine Angelegenheit aus dessen Sicht zu betrachten und die Ergebnisse dieses perspektivischen Wechsels in die Gesprächsführung einfließen zu lassen.
Selbstverständlich kann es jedem Arzt passieren, dass er im Gesprächsverlauf seinem Naturell entsprechend reagiert. Der impulsive Arzt raunzt dann vielleicht den Patienten an oder weist den Kollegen zurecht. Und der zurückhaltende Typ hat Probleme, seine Meinung durchzusetzen. Darum: Kenntnis der wichtigsten Gesprächstechniken, subjektives Naturell des Arztes, konkreter Gesprächsanlass und Gesprächspartner – in diesem Spannungsfeld bewegt sich jedes Gespräch. Ein Spannungsfeld, das die Vorhersehbarkeit und Planbarkeit der Kommunikationssituation nahezu ausschließt – und das ist gut so. Trotzdem gibt es einige Variablen, an denen der Arzt arbeiten kann, um den Gesprächserfolg sicherzustellen; die wichtigsten sind:
- Eine gute Gesprächsvorbereitung, die vor allem bei „offiziellen“ Gesprächen möglich ist. Der Arzt fragt sich, weshalb er das Gespräch führt und welche Ziele er wie erreichen will – dazu überlegt er sich eine Gesprächsstrategie.
- Eine klare und präzise Sprache, wiederum abgestimmt auf Kontext und Partner. Fachsprache im Kollegengespräch – das ist in Ordnung. Im Patientengespräch gilt es, den Patienten auch sprachlich dort abzuholen, wo er steht: Der Arzt spricht dessen Sprache, vermeidet medizinisches Fachvokabular und erläutert die Wirkungsweise etwa einer medizinischen Dienstleistung in nachvollziehbaren Worten.
- Die Kenntnis um den nonverbalen Aspekt der Kommunikation: Wenn die Stimme „Ja“ sagt, der Körper jedoch „Nein“ ausdrückt, wird der Patient, Vorgesetzte oder Kollege das Nein wahrnehmen.
Zu den wichtigsten Gesprächstechniken gehören das aktive Zuhören und das Fragen. Aktives Zuhören bedeutet, sich auf den Gesprächspartner einzulassen, genau zuzuhören und stetig nachzufragen, ob man ihn richtig verstanden hat. Wichtige Fragetechniken sind: die offenen Fragen (W-Fragen), die Informationsfrage, die Bestätigungsfrage („Habe ich Sie richtig verstanden . . .?“) und die Präzisierungsfrage („Sie sagten soeben . . . Worum genau ging es dabei?“). Eine besondere Wirkung erzielt der Arzt mit der Stimulierungsfrage, mit der er seinem Gesprächspartner ein Lob ausspricht oder eine Leistung anerkennt. „Lob und Anerkennung“ – das ist wahrscheinlich die wirksamste Gesprächstechnik, die sich in jedem Gespräch einsetzen lässt, solange der Arzt die Prinzipien der toleranten Kommunikation beherzigt.
Aber: Jede Kommunikation kann wegen eines Missverständnisses scheitern. Zwischen dem, was man denkt, dem, was man sagt, und dem, was beim Gegenüber ankommt, gibt es zuweilen erhebliche Unterschiede. Darum muss der Arzt stets reflektieren, wo der Gesprächspartner und er stehen, und zwar mithilfe der Metakommunikation. Das bedeutet, darüber zu reden, wie man miteinander redet: „Ich würde mich gern mit Ihnen darüber unterhalten, wie wir miteinander umgehen.“
Alfred Lange
E-Mail: a.lange@medicen.de

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