

Kaum hat die Große Koalition die Gesundheitsreform hinter sich gebracht, zeichnet sich beim Thema Pflege ein neuer Streit zwischen Union und SPD ab. Zwar ist man sich einig, dass die „Reformbaustelle Pflegeversicherung“ dringend angegangen werden muss, doch umstritten ist, wie die Finanzierung auf solide Füße gestellt werden kann.
Auslöser für den Konflikt: Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) hatte ein unionsintern abgestimmtes Konzept für eine künftige Finanzierung der Pflege vorgestellt. Neben dem Beitragssatz von 1,7 Prozent soll demnach jeder gesetzlich Pflegeversicherte monatlich eine Pauschale von sechs Euro zahlen, die jährlich um einen Euro steigt. Damit sollen die seit mehr als zehn Jahren gleich gebliebenen Leistungen der Pflegeversicherung dynamisiert werden. „Gleichzeitig wird ein Kapitalstock aufgebaut, der für jeden einzelnen Beitragszahler eigentumsrechtlich geschützt ist“, erklärt Stewens.
SPD: Beitrag weiterhin an Einkommen koppeln
Die Sozialdemokraten erteilen dieser Idee aus Bayern jedoch eine klare Absage, denn man hält sie für unsolidarisch. „Eine solche kleine Kopfpauschale ist sozial ungerecht, und sie löst die Probleme der Pflegeversicherung nicht“, kritisiert Elke Ferner (SPD). Privat Versicherte seien in das Modell nicht eingebunden, die Pauschale benachteilige zudem Einkommensschwache.
Auch bei der Pflegereform liegen die Ausgangsvorstellungen der Koalitionspartner weit auseinander. „Wie bei der Gesundheitsreform verheddern Sie sich schon wieder in albernen Finanzdebatten“, kritisierte die Grünen-Politikerin Elisabeth Scharfenberg kürzlich im Bundestag. Während die Union mit dem Vorstoß aus Bayern nun recht klar Position bezogen hat, ist die SPD ins Hintertreffen geraten. Die Gegenvorschläge der Sozialdemokraten sind weitaus weniger konkret und innovativ. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) brachte zuletzt eine Erhöhung der Beitragssätze ins Spiel. Zu dem Unions-Konzept bemerkte Schmidt lediglich, die Pläne seien nicht neu, sondern hätten schon im vergangenen Jahr auf dem Tisch gelegen. SPD-Franktionschef Peter Struck erklärte, eine Kopfprämie komme für die Sozialdemokraten nicht infrage. Die SPD halte daran fest, die Beiträge an das Einkommen zu koppeln. Bei Bedarf könne der Satz angehoben werden. „Ich bin sicher, dass die Bevölkerung höhere Pflegebeiträge akzeptiert, wenn gleichzeitig die Leistungen verbessert werden“, meint Struck.
Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Laumann (CDU) hält sowohl eine Prämie als auch höhere Beiträge für denkbar. Entscheidend sei, dass eine Kapitalreserve gebildet werde, die ähnlich wie in einer privaten Krankenkasse als persönlicher Anspruch geschützt werden müsse. Eine Ministerrunde, bestehend aus Schmidt, Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU), soll nun ein Eckpunktepapier erarbeiten. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD bereits vereinbart, in die Pflegeversicherung „kapitalgedeckte Elemente“ als Demografiereserve einzuführen. Darüber hinaus soll ein Finanzausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung zum Ausgleich unterschiedlicher Risikostrukturen geschaffen werden.
Dr. med. Birgit Hibbeler
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