

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate lese ich im DÄ, dass sich der G-BA gegen die Übernahme der Kosten für die Protonentherapie ausgesprochen hat. Dieses Mal fehlen angeblich „Nutzenbelege“ beim Rektumkarzinom. Ich ginge sogar so weit zu vermuten, dass gar keine Belege vorliegen, denn unter den weltweit mehr als 50 000 Patienten, die inzwischen mit Protonen behandelt wurden, finden sich so gut wie keine mit Kolorektalkarzinom. Daraus allerdings den Schluss zu ziehen, dass Protonentherapie nichts nützt, ist nicht gerechtfertigt. Wahrscheinlich ist es sogar falsch. Die einzigen Daten zum Thema stammen vom Schwerionentherapiezentrum HIMAC in Chiba, Japan. Dort wurden mehr als 50 Patienten mit lokal rezidivierendem, inoperablem Rektalkarzinom mit Kohlenstoffionen bestrahlt. Nach zwei Jahren lebten noch 73 Prozent – eine bemerkenswert gute Überlebensrate. Der DÄ-Artikel weist noch darauf hin, dass der G-BA schon die Behandlung des Ästhesioneuroblastoms mit Protonen abgelehnt hat. Dieser Tumor ist so selten, dass ihn selbst Spezialisten kaum mehr als einmal im Jahr sehen. Ein allgemeines Therapieschema dafür gibt es nicht und wegen der Seltenheit auch keine Studien. Wenn der G-BA Zeit findet, sich mit einer solchen Randerscheinung zu befassen, dürfte es eigentlich keine Probleme in der Krankenversorgung mehr geben. Ganz gleich, wie dieser Tumor behandelt wird (solange es nur halbwegs erfolgreich ist), die Kosten für die wenigen Patienten pro Jahr machen nur einen homöopathisch kleinen Anteil des GKV-Budgets aus . . . Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es dem G-BA nicht in erster Linie um die Wirksamkeit der Protonentherapie geht. Die zitierte Äußerung der Vorsitzenden des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen könnte man auch dahingehend interpretieren, dass die Protonentherapie generell verhindert werden soll.
Dr. med. Dr. rer. nat. Ute Linz,
Forschungszentrum Jülich, 52425 Jülich