

Da liegt es nahe, dass Steinbrück die Bundesagentur für Arbeit ins Spiel bringt, die auf einem – völlig ungewohnten – elf Milliarden Euro dicken Finanzpolster sitzt und in diesem Jahr mit einem weiteren Milliardenüberschuss rechnen kann. Warum nicht einfach die Überschüsse der Arbeitslosenversicherung der Krankenversicherung zugutekommen lassen? Schließlich hat die Bundesagentur, die innerhalb von zehn Jahren rund 40 Milliarden Euro Bundesmittel zum Defizitausgleich benötigte, allen Grund, sich erkenntlich zu zeigen. Bundeskanzlerin Angela Merkel aber ließ über einen Sprecher Steinbrücks Vorschlag prompt zurückweisen. Die Kasse der Bundesagentur sei nicht dazu da, Finanzlöcher an anderer Stelle zu stopfen.
Steinbrücks Vorschlag liegt in der Logik des Verschiebebahnhofs vergangener Jahre und Jahrzehnte: Milliarden wurden hin- und hergeschoben, zumeist zulasten der GKV, um Beitragserhöhungen in der Renten- oder in der Arbeitslosenversicherung abzumildern. Allein die zwischen 2002 und 2004 beschlossenen Gesetze zur Arbeitsmarktreform belasten, wie das Fritz-Beske-Institut für Gesundheits-Systemforschung ausgerechnet hat, die gesetzliche Krankenversicherung mit 3,6 Milliarden Euro jährlich. So wird beispielsweise für Hartz-IV-Empfänger bei Weitem kein kostendeckender Beitrag an die Krankenkassen gezahlt. Mit diesen politischen Beschlüssen sollten die Haushalte des Bundes und der über Jahre finanziell klammen Bundesagentur für Arbeit geschönt werden.
Richtig wäre es, den Zweigen der Sozialversicherung die Beiträge zuzugestehen, die sie für ihre Versicherungsleistungen benötigen. Für andere Ausgaben, also die versicherungsfremden, muss der Steuerzahler aufkommen. Beides ist heute nicht gewährleistet. Die gute Finanzlage der Arbeitsverwaltung muss deshalb zu allererst dazu genutzt werden, die ungerechtfertigte Quersubventionierung durch die gesetzliche Krankenversicherung zu beenden. Sollten darüber hinaus Überschüsse in der Arbeitslosenversicherung verbleiben, kann deren Beitrag sinken. Beitragsermäßigungen hier senken die Lohnnebenkosten und schaffen den Spielraum für bedarfsgerechte Beiträge in der Krankenversicherung.
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