BRIEFE
Praxisabgabe: Rechtsbruch


Die inzwischen wahnwitzig hohen Preise für Psychotherapeutenpraxen sind nicht der freien Marktwirtschaft geschuldet, sondern dem Umstand, dass die meisten Zulassungsausschüsse, die als unabhängige Gremien nach den Bestimmungen des § 103 Abs. 4 SGB V die Weitergabe von Kassenzulassungen an Praxisnachfolger vor allem nach fachlichen Qualitätskriterien zu gewährleisten und die Preise auf den Verkehrswert zu beschränken hätten, diesen gesetzlichen Auftrag nicht erfüllen. Entgegen Wortlaut und Sinn des
§ 103 setzen die meisten Zulassungsausschüsse mit ihrer Vergabepraxis, die die Wünsche der Praxisabgeber präferiert, diese in eine Machtposition ein, die zur mehr oder weniger subtilen finanziellen Erpressung der Bewerber um eine Zulassung genutzt wird.
Die hohen Preise werden also unter dem Deckmantel Praxisverkauf in Wirklichkeit für den illegalen Zulassungshandel gefordert. Das ist keine freie Marktwirtschaft, sondern das Ausnutzen einer Notlage der nachkommenden Psychotherapeutengeneration, die durch die Gebietssperrungen der KVen, die den realen Bedarf an Psychotherapie missachten, erst geschaffen worden ist.
Die Regelung, die Frau Bühring vermisst, besteht im § 103 Abs. 4 SGB V – nur wird diese von den Institutionen, die sie umsetzen sollten, allzu oft außer Kraft gesetzt. Ich sehe den Skandal um die Psychotherapeuten-praxisverkäufe weniger in der skrupellosen Geldgier vieler Kolleginnen und Kollegen, als vielmehr im dabei Usus gewordenen Rechtsbruch.
Dipl.-Psych. Gudrun Pfitzner, Renatastraße 40, 80634 München
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