

Er verdeutlicht, wie sehr strukturelle Defizite eine Konfliktbearbeitung erschweren oder unmöglich machen. Deshalb sollte zunächst präzise diagnostiziert werden, wie groß der konfliktneurotische Anteil an der vorliegenden Störung ist, und welche strukturelle Dynamik sich darstellt. Dafür bietet der Autor eine systematische Einteilung mit sechs verschiedenen Störungsmustern an. Diese beginnt mit den neurotischen Konflikten auf gutem Strukturniveau und endet mit den strukturellen Störungen auf desintegriertem Niveau bei fehlender Konfliktfähigkeit. Der Autor sieht die Gefahr, dass eine Symptomatik vom Therapeuten als neurotisch interpretiert wird, die in Wirklichkeit strukturdynamische und strukturdefizitäre Ursachen hat. In so einem Fall wäre es kontraproduktiv, mit der analytischen Standardbehandlung zu beginnen. Vielmehr sind dann zuerst strukturstabilisierende und strukturfördernde Techniken erforderlich. Dabei gilt es, die psychotherapeutischen Methoden auf die speziellen Erlebnis- und Funktionsweisen des Patienten auszurichten, das heißt auf seine Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung, zur Selbststeuerung, zur Abwehr, zur Objektwahrnehmung, zur Kommunikation und zur Bindung.
Die Ausführungen zur Technik dieser „strukturbezogenen Therapie“ sind das zentrale Thema dieses Buches; sie werden in einem Manual übersichtlich dargestellt. Es wird ergänzt durch die Kapitel „Entwicklungspsychologie der Struktur“, „Emotionen“, „Strukturelle Störungen“, „Schwierigkeiten der Behandlung struktureller Störungen im psychoanalytischen Rahmen“ und „Strukturelle Systematik klinischer Bilder und ihre Behandlung“. Im Anhang findet sich die OPD-Struktur-Checkliste in der neuen Version von 2006. Das Buch bietet auch dem erfahrenen analytisch arbeitenden Psychotherapeuten interessante Anregungen und Arbeitsgrundlagen. Ingrid Barley
Gerd Rudolf: Strukturbezogene Psychotherapie. Leitfaden zur psychodynamischen Therapie struktureller Störungen. 2. Auflage, Schattauer, Stuttgart, 2006, 240 Seiten, gebunden, 34,95 Euro
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