THEMEN DER ZEIT
Stadtporträt: In Münster ist die Welt noch ziemlich in Ordnung


Münsters gute Stube: Der Prinzipalmarkt
mit seinen Giebelhäusern und Bogengängen.
Foto: Presseamt Stadt Münster/Tilman Roßmöller
Foto: Presseamt Stadt Münster/Tilman Roßmöller
Wilsberg und die Schwarze Petra“ wäre ein schöner Titel, „Der Schädel Knipperdollings“ ein weiterer. Ob die Drehbuchautoren der in Münster spielenden Krimiserien thematische Anregungen benötigen, ist nicht bekannt. Aber vorstellen kann man sich sehr gut, wie „Tatort“-Rechtsmediziner Professor Boerne die Untersuchung eines unter rätselhaften Umständen aufgefundenen Überrests Knipperdollings zelebrieren würde. Der Statthalter und Scharfrichter der Wiedertäufer war 1535 nach dem Ende einer kurzen protestantisch-revolutionären Gewaltherrschaft auf Geheiß des Fürstbischofs exekutiert und anschließend zusammen mit zwei anderen Führern der Wiedertäufer in Käfigen am Turm der Lambertikirche zur Schau gestellt worden. Die Käfige hängen noch. Aber makabre Rückgriffe auf Historisches sind nicht vonnöten: Münsters Altsstadt mit Prinzipalmarkt und Dom, seine solide, gediegen-behäbige Bürgerlichkeit mit akademisch-alternativen Zutaten, ge-ben auch so eine hervorragende Kulisse für Krimis ab, die zumeist in der tatsächlichen Münsteraner Kriminalstatistik keine Entsprechung finden. Was macht es da, dass ein Großteil beider Serien, wie in der Zeitschrift „Merian“ zu lesen war, in Köln gedreht wird? Die Imagewerbung ist Münster willkommen.
Botschafter der
Stadt: Der exzentrische
Rechtsmediziner
Professor Karl-
Friedrich Boerne
Jan Josef Liefers,
links) und Kommissar
Frank Thiel (Axel
Prahl) vom „Tatort“
in Münster.
Foto: Presseamt Stadt Münster
Edle Boutiquen mit Designerkleidung, elegante Herrenausstatter statt billiger Ramschläden lassen Rückschlüsse auf die Kaufkraft der Bevölkerung zu. „Münster liegt bei den Wirtschaftsdaten, vor allem hinsichtlich der Dynamik, nicht nur im Landes-, sondern auch im Bundesvergleich sehr gut“, berichtet Oberbürgermeister Dr. Berthold Tillmann (CDU) im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt stolz. Dennoch gibt es auch Probleme, beispielsweise den hohen Schuldenstand der Stadt. Aber Tillmann ist sicher, dass ihn die meisten seiner Amtskollegen beneiden. Welcher Bürgermeister hätte für seine Kommune nicht gern Titel wie „Fahrradhauptstadt“ oder „lebenswerteste Stadt der Welt“?
Münster ist traditionell eine Verwaltungs- und Behördenstadt. Als solche ist sie, auch wenn die Münsteraner um manche zentrale Einrichtung für den westfälischen Teil des Landes Nordrhein-Westfalen bangen müssen, nicht so krisenanfällig wie von der Industrie geprägte Kommunen. Knapp 280 000 Einwohner hat die Stadt, allein 52 000 studieren, lehren, forschen, arbeiten an der Westfälischen Wilhelms-Universität und im Universitätsklinikum. Auch die Studierenden sieben weiterer Hochschulen von der Kunstakademie bis zur Deutschen Hochschule der Polizei prägen das Bild und machen aus dem geschichtsträchtigen Ort des Westfälischen Friedens eine junge Stadt.
Die Uni und sieben
weitere Hochschulen
prägen die
Stadt. Das barocke
Schloss, 1767 bis
1787 nach Plänen
von Johann Conrad
Schlaun erbaut, ist
das Hauptgebäude
der Westfälischen
Wilhelms-Universität.
Hinter dem
Schloss liegt der
sehenswerte Botanische
Garten.
Foto: Presseamt Stadt Münster/Bernhard Fischer
Das Szene-Viertel: In ehemaligen Speichern
und Lagerhallen am Stadthafen nahe
bei der Halle Münsterland entsteht das neue
Münster – mit Ateliers, Architekturbüros,
Agenturen, Verlagshäusern, Kneipen und
Clubs.
Foto: Presseamt Stadt Münster/Joachim Busch
Heinz Stüwe