

Erste Behauptung: Die SEC, die US-Börsenaufsicht, habe bezüglich einer „frühzeitigen“ Vertragsverlängerung von Klaus Kleinfeld im Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen ernste Bedenken geäußert, und deswegen habe man kaum anders handeln können, so der nach von Pierers Abgang eilig inthronisierte Aufsichtsratschef Gerhard Cromme. Alles Quatsch. Eine Verlängerung des Vertrags fünf Monate vor Ablauf des bisherigen Kontrakts kann nicht als frühzeitig bezeichnet werden. Bei deutschen AGs geschieht dies regelmäßig mindestens ein Jahr zuvor. Warum der bis dahin unbelastete Kleinfeld als Korruptions-Bauernopfer herhalten muss, welches der Gottheit SEC quasi geopfert werden muss, entbehrt jeglicher Logik. Wieso hat denn im Fall Ackermann die SEC nicht gezuckt?
Crommes zweiter Hinweis, die von Siemens beauftragte Anwaltskanzlei „Debevoise & Plimpton“ habe für den Fall einer Vertragsverlängerung Kleinfelds auf Risiken hingewiesen, zieht nicht. Hat jemals ein juristischer Berater nicht auf Risiken hingewiesen? Im konkreten Fall hat zudem besagte Kanzlei – trotz Risikohinweis – festgestellt, dass Kleinfeld gerade nicht verstrickt war. Dieser Tatbestand wurde auch zunächst von Siemens öffentlich verbreitet, bis es eben nicht mehr passte.
Legende Nummer drei ist besonders einfältig formuliert. Kleinfeld sei nicht abgelöst worden, der Aufsichtsrat sei nur nicht bereit gewesen, den Vertrag zum jetzigen Zeitpunkt zu verlängern. Wie kann es denn angehen, dass bereits in einer früheren Aufsichtsratssitzung schon mögliche Nachfolger für Kleinfeld ausgelotet und sogar angesprochen wurden, wie etwa Linde-Chef Wolfgang Reitzle, der sich aus gutem Grund aber sperrig zeigte? Also nochmal, erst wurde ein Nachfolger gesucht, und dann wurden die Vorwürfe lanciert. Ein unfassbarer Vorgang.
Ein sauberer Neuanfang sieht anders aus. Ich habe vielmehr den Eindruck, dass einige im Aufsichtsrat alte Rechnungen beglichen haben, Cromme möglicherweise auch. Wie im Kaninchenzuchtverein eben. Dass sie mit einer solch kleingeistigen Vorgehensweise die Stellung eines Weltkonzerns gefährden und damit auch Tausende von Arbeitsplätzen, macht die Sache so abenteuerlich. Und traurig zugleich.
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