ArchivDeutsches Ärzteblatt22/2007Ermittlungen gegen Chirurgen: Erst Geldspende, dann Operationstermin?

AKTUELL

Ermittlungen gegen Chirurgen: Erst Geldspende, dann Operationstermin?

Siegmund-Schultze, Nicola

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS
Foto: VISUM
Foto: VISUM
Prof. Dr. med. Christoph Broelsch, Leiter des Transplantationszentrums der Universitätsklinik Essen, ist ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Ihm wird Erpressung, versuchte Erpressung und Vorteilsnahme in zehn bis zwölf Fällen vorgeworfen. Broelsch habe gesetzlich versicherten Leberkranken angeboten, ihnen dann rasch einen Operationstermin zu geben, wenn sie Geld auf das Konto der Universität Essen zugunsten eines Leberforschungsfonds einzahlten. Es sollen jeweils fünf- bis zehntausend Euro geflossen sein.
Die Ermittlungen hatte der Sohn einer 67-jährigen Patientin ins Rollen gebracht. Die Staatsanwaltschaft Essen forderte über die Medien weitere möglicherweise betroffene Patienten auf, sich zu melden.
Bereits seit 2006 ermittelt die Staatsanwaltschaft Essen in einem anderen Fall wegen Erpressung und Vorteilsnahme gegen Broelsch. Der Arzt soll eine leberkranke Patientin aus Griechenland bei der Vermittlungszentrale Eurotransplant dringlicher angemeldet haben für ein Organ als medizinisch indiziert, um sie auf der Warteliste weiter nach oben zu bringen. Im Gegenzug soll er einen fünfstelligen Betrag erhalten haben. Da die Zeugen aus Griechenland kämen, seien die Ermittlungen schwierig, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Sie prüft offenbar auch Privatkonten von Broelsch und zwei weiteren Chirurgen. Die Universitätsklinik hat eine Untersuchungskommission eingesetzt.
Noch ist Broelsch im Amt. Dem Rektor der Universität Essen-Duisburg, Prof. Dr. Lothar Zechlin, zufolge ist zwar ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Aber aus Rücksicht auf die Versorgung der Patienten sei Broelsch vorläufig nicht suspendiert, so Zechlin.
Broelsch sieht in seinem Verhalten laut Medienberichten keine Verletzung des Berufsrechts oder der Gesetze. Er habe lediglich Kassenpatienten, die um eine Chefarztbehandlung nachsuchten, angeboten, auf sein Zusatzhonorar als Chefarzt zu verzichten, wenn sie eine Spende zugunsten des Forschungsfonds leisteten. Die Gelder habe die Klinikverwaltung geprüft. nsi

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote