

Gerade weil die Autoren komplexe Sachverhalte verständlich vermitteln können, und auch, weil sie sich nicht scheuen, vermeintlich Selbstverständliches darzustellen, ist es sowohl als Einführung geeignet als auch als Wiederauffrischung für Erfahrene.
Von den vielen möglichen Beispielen, die dieses Buch bietet, seien zwei der dieser Ansätze ausgewählt – auch deshalb, weil der klinische Alltag lehrt, dass auch Selbstverständliches bei erfahrenen Therapeuten in Vergessenheit gerät. Dies verweist letztlich auf die Wirkmächtigkeit psychotraumatischen Erlebens: Die dauerhafte Erschütterung des Erlebens des Selbst und der Welt eines psychotraumatisierten Patienten findet so ihren Widerhall in Einbrüchen der professionellen Selbstverständlichkeit bei Ärzten und Therapeuten.
Erstes Beispiel: Ein traumatisches Ereignis korrespondiert immer mit einem traumatischen Erleben aufseiten des Betroffenen – ein Umstand, den die modernen aktuellen diagnostischen Manuale immer wieder übergehen und damit die kompensatorischen Möglichkeiten eines Menschen nicht berücksichtigen. Zweites Beispiel: Die Anerkennung der Realität des Traumas ist unbedingt erforderlich, beispielsweise bei ungesichertem Inzest. Denn nimmt ein Therapeut von vornherein an, es handelte sich lediglich um eine Fantasie, reinszeniert er sich in die Rolle der verleugnenden Mutter, falls der Inzest tatsächlich stattgefunden hat. Er drängt der Patientin hingegen nichts Fremdes auf, falls sich später ein fantasiertes Erleben herausstellen sollte.
Von solchen Grundprinzipien der Psychotraumatherapie tasten sich die Autoren vor bis in sehr komplexe, immer anschaulich gehaltene Sachverhalte mit ganz konkreten klinisch-therapeutischen Beispielen und Interventionen. Christian Maier
Beate Steiner, Klaus Krippner: Psychotraumatherapie. Tiefenpsychologisch-imaginative Behandlung von traumatisierten Patienten. Schattauer, Stuttgart, 2006, 356 Seiten, gebunden, 39,95 Euro