

Mit der Verabschiedung der „Empfehlungen der Bundesärztekammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung“ bekräftigt die verfasste deutsche Ärzteschaft die entscheidenden medizinischen, ethischen und persönlichkeitsrechtlichen Rationalen, die der bereits geltenden Rechtslage zu Patientenverfügungen und medizinischen Behandlungsbegrenzungen zugrunde liegen. Anlässlich der ersten Aussprache des Deutschen Bundestags zur derzeit ebenfalls geplanten gesetzlichen Regelung der Patientenverfügung zeigte sich jedoch, dass große Teile des Parlaments zu diesen Fragen noch nicht ausreichend informiert sind: Tatsächlich liegen dem Parlament Gruppenanträge vor, die zum Teil weit hinter die bereits geltende Rechtslage zurückfallen. Dies wird weder in der Medizin, noch in der Rechtspflege, geschweige denn in der breiten Öffentlichkeit verstanden oder gebilligt und birgt das Risiko, noch sehr viel unheilvollere Verwirrung, Unsicherheiten sowie gesellschaftspolitische Konflikte als bisher in Bezug auf diese schwierigen Fragen zu stiften. Insbesondere eine „Reichweitenbegrenzung“ der Gültigkeit der Patientenverfügung oder auch der Zulässigkeit der Behandlungsbegrenzung auf die Phase der unmittelbaren Todesnähe läuft auf eine in jeder Hinsicht höchst fragwürdige, gesetzlich verordnete Pflicht- oder gar Zwangsbehandlung hinaus: Diese müsste – entgegen der eigenen, nicht zuletzt auch medizinisch-objektiv meist sehr gut begründbaren Überzeugungen – von Patienten erduldet und von Ärzten durchgeführt werden. Dies würde jedoch eine unverhältnismäßige Einschränkung sowohl von Selbstbestimmungsrechten von Patienten als auch der ärztlichen Berufsfreiheit darstellen. Etliche der derzeit diskutierten formaljuristischen Hürden würden ebenfalls die Möglichkeiten massiv einschränken, wirksame Patientenverfügungen abzufassen und differenzierte Entscheidungsprozesse am Lebensende zu moderieren. Im Sinne der Ermutigung aller Beteiligten zur bejahenden Annahme einer ärztlichen wie auch gesamtgesellschaftlichen Ethik der Verantwortung und der Verantwortungsbereitschaft sollte auch seitens des Gesetzgebers dem ausgewogenen Beispiel der Bundesärztekammer gefolgt werden und keine Gesetzesinitiative Zustimmung finden, die hinter die in der Bundesrepublik Deutschland bereits jetzt geltende sowie allgemein anerkannte Rechtslage zurückfällt.
Priv.-Doz. Dr. med. Meinolfus W. M. Strätling,
Klinik für Anästhesiologie der Universität zu Lübeck, Campus Lübeck, Ratzeburger Allee 160,
23538 Lübeck
Dr. med. Franz Bartmann,
Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein,
Körperschaft des öffentlichen Rechts,
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg