POLITIK
Das Gespräch: „Das Klinikum muss unternehmerisch beweglicher werden“
Dtsch Arztebl 2007; 104(26): A-1888 / B-1668 / C-1604


Der Vorstandsvorsitzende der Universitätsklinik Köln über das neue Hochschulmedizingesetz in Nordrhein-Westfalen, Forschungsschwerpunkte und zusätzliche Einnahmequellen
Edgar Schömig
(47) war von 2004
bis 2006 Dekan der
Medizinischen Fakultät
und ist seit
2006 Ärztlicher Direktor
und Vorstandsvorsitzender
des Klinikums der
Universität zu Köln.
Um dies zu ändern, hat NRW-Innovationsminister Prof. Dr. rer. pol. Andreas Pinkwart das Hochschulmedizingesetz initiiert, das aller Voraussicht nach zum 1. Januar 2008 in Kraft tritt. „Die nordrhein-westfälischen Universitätsklinika sollen bundesweit Spitze werden“, sagt er. Ziel des Gesetzes sei es, den Standorten neue Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen: „für stärkere Forschungsorientierung, klare Profilbildung und unternehmerische Führung“. Dazu wurden mit jeder medizinischen Fakultät Forschungsschwerpunkte vereinbart.
Die Ziel- und Leistungsvereinbarung zwischen dem NRW-Innovationsministerium und der Universität zu Köln schreibt für die Uniklinik fünf Forschungsschwerpunkte fest: Onkologie; Herz-Kreislauf – molekulare Grundlagen für die Therapie kardiovaskulärer Erkrankungen; Zentralnervensystem – molekulare Grundlagen und neue Therapieansätze in Neurologie und Psychiatrie; Mechanismen epithelialer und mesenchymaler Regeneration; Molekulare Analyse und klinische Konsequenzen metabolischer Störungen. „Wir sind froh, dass wir über diese Schwerpunkte eine Vereinbarung mit dem Land schließen konnten“, sagt Schömig. Die Vorstellungen des Klinikumvorstands seien eins zu eins übernommen worden.
Onkologisches Spitzenzentrum
In der Krebsforschung kooperiert die Kölner Uniklinik dabei eng mit der Uniklinik Bonn – und das mit ausgezeichnetem Erfolg. Denn die Deutsche Krebshilfe hat das „Centrum für Integrierte Onkologie Köln-Bonn“ soeben zu einem von bundesweit vier onkologischen Spitzenzentren gekürt. Die damit verbundenen Fördermittel in Höhe von insgesamt drei Millionen Euro sollen für den weiteren Ausbau eines gemeinsamen Exzellenzzentrums eingesetzt werden, „in dem patientennahe Forschungsansätze die Überlebenschancen von Krebskranken verbessern helfen“ (Schömig).
Besonderes Potenzial sieht der Pharmakologe auch für die sich konstituierende Forschungsgruppe „Molekulare Analyse und klinische Konsequenzen metabolischer Störungen“. Die Gruppe hatte sich aus mehreren Kliniken und Instituten sowie dem Zentrum für Molekulare Medizin herausgebildet und ist wesentlicher Anknüpfungspunkt für das in Köln geplante Max-Planck-Institut (MPI) für die Biologie des Alterns. In Köln gibt es bereits ein MPI für Neurologie, im nahen Münster werden am MPI für molekulare Biomedizin ebenfalls die Stammzelltherapien für degenerative Krankheiten erforscht. Als weitere Partner bieten sich das Forschungszentrum Jülich und die Uniklinik Düsseldorf an. Im neuen MPI für die Biologie des Alterns, dessen Errichtung ab 2008 die Universität zu Köln durch die Bereitstellung eines Baugrundstücks auf dem Campus unterstützt, soll die Forschung an Modellorganismen im Vordergrund stehen, die Einblicke in grundlegende Alterungsprozesse in den Körperzellen erlauben.
Privatisierungen von Unikliniken wird es in Nordrhein-Westfalen vorerst nicht geben. Im „Sinne der Freiheit von Forschung und Lehre“ sei dies die richtige Entscheidung der Landesregierung, meint Schömig. Um „an unternehmerischer Beweglichkeit zu gewinnen“, könne die Uniklinik Köln in absehbarer Zeit in eine Stiftung privatem Rechts umgewandelt werden. Das Stiftungsvermögen resultierte zum Beispiel aus den der Universität gehörenden Immobilien sowie dem Vermögen der Uniklinik und wäre durch Einwerbung von Zustiftungen zu vergrößern. „Wir haben hier in Köln sehr komplexe Eigentumsstrukturen. Die Grundstücke der Uniklinik gehören der Universität, es gibt aber ein Rückfallrecht an die Stadt. Die Rechtsaufsicht liegt wiederum bei der Landesregierung. Bei komplexeren Bauvorhaben müssen deshalb zunächst die eigenen Gremien, dann die Universität, dann die Stadt und schließlich noch das Innovationsinisterium zustimmen“, erläutert der Vorstandsvorsitzende der Uniklinik Köln. Dies könne dauern. Daraus ergebe sich ein Wettbewerbsnachteil insbesondere gegenüber den Kliniken in privater Trägerschaft, die schneller reagieren könnten. „In einer gemeinnützigen Stiftung privaten Rechts würden die Entscheidungen zentral und somit schneller getroffen.“
Zudem falle es privatrechtlichen Organisationsformen leichter, Geldgeber zu akquirieren, meint Schömig: „Es ist eine internationale Erfahrung, dass man privates Geld leichter in private Organisationsformen lenken kann.“ Gegen öffentliche Organisationsformen gebe es gewisse Vorbehalte. Auch könnten in privatrechtlichen Organisationen Beleihungsmodelle zur Überwindung des Investitionsstaus leichter umgesetzt werden.
Eine „rote Null“ im Jahr 2006
Zusätzliche Einnahmen
erhofft sich
Schömig durch die
verstärkte Öffnung
der Uniklinik für die
ambulante Leistungserbringung. Fotos: Eberhard Hahne
Die verstärkte Öffnung der Uniklinik für die ambulante Leistungserbringung soll insbesondere über den Aufbau eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) erfolgen. Dieser Schritt sei auch aus medizinischen Gründen sinnvoll, betont Schömig: „Denn nur so können wir die universitäre Expertise, etwa im Bereich der Onkologie, den Patienten zugutekommen lassen.“ Angestrebt werde mehr Patientenkomfort bei größerer Qualität. Entscheidend sei dabei die durchgehende Versorgungskette.
Aufbau eines MVZ
Für den Aufbau des MVZ müsse die Uniklinik Kassenarztsitze kaufen. In welchen Fachgebieten dies geschehe, sei fachabhängig. Schömig: „In Bereichen, in denen wir bereits jetzt eng mit den Niedergelassenen zusammenarbeiten, wollen wir nichts ändern. In anderen Bereichen, in denen dies nicht der Fall ist, wollen wir hingegen die MVZ-Struktur nutzen.“ Der Ärztliche Direktor sieht darin keine Konkurrenzsituation zu den niedergelassenen Ärzten in der Umgebung: „Denn im Gegensatz zu anderen Krankenhausträgern gehen wir das Thema nicht konfrontativ an.“ Ziel sei es, den ambulanten und den stationären Bereich besser miteinander zu verzahnen. Dabei sollen die Standards der Uniklinik auch im MVZ gelten, „sodass alle Diagnosen im Vorfeld einer Operation dann auch von stationären Kollegen akzeptiert werden“. Das diene vor allem der Vermeidung von Doppeluntersuchung. Für die Erlössicherung sei die Tatsache entscheidend, dass man in der Regel die Kassenarztpraxen mitsamt des dazugehörigen KV-Budgets erwerbe. Jens Flintrop
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