

Ob Krankenhausküche oder großes Facelift, wenn das Fernsehen kommt, sind die Hygienerichtlinien außer Kraft gesetzt. Oder auch sonst? Wem es gelingt, die berufsspezifische Abneigung gegen Klinikserien und Dokusoaps zu überwinden, kriegt Erstaunliches geboten. Da werken ganze Küchenbrigaden eines Großklinikums mit neckisch auf dem Haupthaar und gänzlich frisurunschädlich drapierten Hauben, und die Hygienefachkraft steht in Straßenkleidung im Kühlraum mit den Rückstellproben und doziert über die Wichtigkeit korrekten Verhaltens. Da sieht man Mehrfachentnahmebehältnisse ohne Datum und ohne Kappe, da wird mit Spritzen und Ampullen hantiert, als hätte es Robert Koch, Ignaz Semmelweis et al. nie gegeben. Vor dreißig Jahren gab es den Lehrsatz, Chef- und Oberärzte sind autosteril. Dass dieser Satz auch heute noch gilt, findet man wöchentlich vielfältig bestätigt auf zig Fernsehkanälen. Da steht die instrumentierende Schwester in Vollvermummung neben dem mundschutzlosen Operateur, der während des großen Facelifts in die Kamera doziert. Wie war das doch gleich mit der Keimbelastung durch Reden? Da hat das kardiochirurgische Team in schöner Eintracht die Nase oberhalb des Mundschutzes, und die OP-Schwester zeigt uns ihre schönen blonden Haare. Der junge Kollege im Herzkatheterlabor wird durch den Oberarzt gleich richtig angelernt, Haube und Mundschutz sind überflüssig, aber aufpassen muss man, dass man beim Herausziehen der Katheter nicht kleckert. Der leitende Pfleger findet es klasse.
Eines ist gewiss: Weder bei der unteren Gesundheitsbehörde noch in den Gewerbeaufsichtsämtern gibt es Fernsehgeräte.
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