POLITIK
Vertragsgeschäft: Werkstatt auf Eis gelegt


Foto: Fotolia/Casey
Gespaltene Allianz
Ursprünglich war geplant, dass die Vertragswerkstatt möglichst bald – die Rede war noch „vor dem Sommer“ – Ordnung in das zunehmende Chaos aus Einzelverträgen in Ergänzung zu Kollektivverträgen bringen sollte, indem sie die Vertragsarbeit der Allianz-Mitgliedsverbände bündelt. Außerdem sollten überregionale Vereinbarungen mit Krankenkassen abgeschlossen werden. Das hat wohl nicht geklappt. Denn der Berufsverband Deutscher Internisten, die Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände sowie der Hartmannbund sind nicht bereit, sich an der Vertragswerkstatt zu beteiligen. Schließlich, erläutert Hartmannbund-Sprecher Michael Rauscher, wären mit einer ordentlichen Vertragswerkstatt Kosten angefallen, beispielsweise für eine neue Geschäftsstelle und für Personal.
Dennoch wollen der Bundesverband der Ärztegenossenschaften, der NAV-Virchow-Bund sowie Medi die Werkstatt nach Angaben von Bittmann „sukzessive aufbauen“. Von dem Gedanken eines „Riesenapparats“, für den zusätzliche finanzielle Mittel notwendig sind, hätten die drei Allianzmitglieder sich zwar vorerst verabschiedet, an einer strukturierten Zusammenarbeit der jeweiligen Geschäftsführungen beim Vertragsgeschäft wolle man jedoch festhalten, unterstreicht Bittmann.
Immerhin bestehe nach Angaben des Hartmannbundes – dieser hat zurzeit die Federführung innerhalb der Allianz – Einigkeit unter den Mitgliedern, sich „beim Vertragsgeschäft nicht ins Gehege kommen zu wollen“, berichtet Rauscher vom letzten Treffen der sechs Mitgliedsverbände Mitte Juli. „Außerdem“, ergänzt der Hartmannbund-Sprecher, „wollen sich die Allianzmitglieder gegenseitig über die geschlossenen Verträge informieren.“
Gewünschte Vertragsvielfalt
Die Visionen, die die Verbände von der Versorgungslandschaft der Zukunft haben, lassen aufhorchen: Danach soll es in etwa drei Jahren eine große Zahl von sowohl indikationsbezogenen als auch flächendeckenden Versorgungsverträgen geben. Zurzeit überwiegen indikationsbezogene Versorgungsverträge; solche, die die gesamte Leistungskette umfassen (ambulante Versorgung, stationäre Versorgung, Rehabilitation, Pflege, auf mehrere Indikationen verteilt) sind dagegen selten. Aushandeln sollen die Versorgungsverträge Parallelorganisationen, wie sie in der Allianz deutscher Ärzteverbände zusammengefasst sind – „hoffentlich dann Hand in Hand mit den Kassenärztlichen Vereinigungen“, sagt Bittmann.
Den Krankenkassen – das zeigte sich während des 10. Hauptstadtkongresses Medizin und Gesundheit im Juni in Berlin – sind Schritte zu mehr Vertragsvielfalt hin recht. Trotz ihrer anfänglichen Kritik am GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz können sie zumindest dem Vertragswettbewerb Positives abgewinnen. Schließlich „belebt Konkurrenz das Geschäft und erfordert Kooperation“, meint Herbert Rebscher, Vorstandschef der Deutschen Angestellten-Krankenkasse. Bliebe die „kollektive Hängematte“ – gemeint ist das Kollektivvertragssystem – jedoch bestehen, werde die Ver-sorgung nicht effizienter, ergänzte Dr. Klaus Jacobs, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK.
Martina Merten
* Der Allianz deutscher Ärzteverbände gehören an: der Berufsverband Deutscher Internisten, der Bundesverband der Ärztegenossenschaften, die Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände, der Hartmannbund, Medi Deutschland und der NAV-Virchow-Bund.