KULTUR
Maurice Ravel (1875–1937): Zwischen Hoffnung und Mutlosigkeit


Am Morgen des 28. Dezember 1937 schlief Maurice Ravel nach längerer Krankheit ohne Schmerzen ein. Ravel litt an der Pick-Krankheit. Arnold Pick (Prag) beschrieb erstmals 1892 eine spezielle degenerative Hirnerkrankung mit umschriebener Atrophie im Frontal- und/oder Temporallappen sowie Beteiligung sowohl der grauen als auch der weißen Substanz, daher auch die Bezeichnung lobuläre Sklerose. Die Ventrikel sind später hydrozephal vergrößert.
Ravel beobachtete an sich seit 1918 eine zunehmende Schlaflosigkeit, ein vorzeitiges Ergrauen der Haare und seit 1927 apraktische Störungen mit Aphasie, Alexie und Agrafie. Anfang der 30er-Jahre traten Konzentrationsstörungen, Antriebslosigkeit und Depression hinzu. In den letzten Jahren kam es zunehmend zu einer Sprachverarmung. Er verlor also ganz langsam seine Fähigkeit, zu sprechen und Klavier zu spielen. Der französische Neurologe François Boller beschrieb es so: „Er verlor nicht die Fähigkeit, Musik zu komponieren, sondern er verlor die Fähigkeit, sie auszudrücken.“
Maurice Ravel, geboren am 7. März 1875, war der Sohn des Ingenieurs Joseph Ravel, einem Pionier des Automobilbaus. Mit seinem Bruder Edouard wuchs er in gesicherten Verhältnissen auf. Mit 14 Jahren besuchte er das Pariser Konservatorium. In der Kompositionsklasse war sein Lehrer Gabriel Fauré. Fauré ließ keine Gelegenheit aus, ihn ständig zu ermutigen und zu fördern. Ravel galt als „sehr begabt, fleißig und sehr intelligent“. 1905 verließ er das Konservatorium. Es folgte eine schöpferische Phase mit solch bedeutenden Werken wie „Rapsodie espagnole“, „Ma Mère l'Oye“ („Meine Mutter, die Gans“), „Daphnis et Chloé“ und die „Sonatine“. Mit 33 Jahren befand er sich bereits auf dem Zenit seiner Karriere als Meister origineller Orchestermusik. Er begann als Impressionist, ging durch die Spätromantik und gelangte in eine Art von Neoklassik. Von Anfang an hatte Ravel einen individuellen Stil gepflegt, den er während seiner Schaffensjahre wenig veränderte. Seine wohl berühmteste Komposition von 1928 ist der „Boléro“. Diese Ballettpartitur hatte einen kometenhaften Aufstieg zu einer Popularität, die in der klassischen Musik selten zu finden ist.
Maurice Ravel
am Klavier, Fotografie,
um 1930. Trotz
aller Erfolge bereitete
ihm sein Gesundheitszustand
wachsende Sorge.
Fotos: picture-alliance
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