ArchivDeutsches Ärzteblatt33/2007Klonforscher Hwang übersah seine Pioniertat

AKTUELL: Akut

Klonforscher Hwang übersah seine Pioniertat

Siegmund-Schultze, Nicola

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LNSLNS Der südkoreanische Wissenschaftler Dr. Woo Suk Hwang, ehemals an der Seoul National University in Seoul, hat wie kaum ein anderer Stammzellforscher von sich reden gemacht: 2004 reklamierte er für sich, erstmals humane embryonale Stammzelllinien mit Kerntransfer hergestellt zu haben. Bei dieser Methode wird eine Eizelle entkernt und ihr Kern durch den einer Somazelle ersetzt (therapeutisches Klonen). Ende 2005 erregte Hwang wieder weltweit Aufsehen. Denn nun kam heraus, dass die in „Science“ veröffentlichten Studienergebnisse gefälscht waren.
Jetzt überraschen Hwangs Forschungen die Fachöffentlichkeit erneut. In seinem Labor sind – offenbar unbeabsichtigt – embryonale humane Stammzellen (ES-Zellen) durch Parthenogese entstanden. Dabei entwickelt sich eine Blastozyste aus einer unbefruchteten Eizelle. Ein Forscherteam unter Federführung von Prof. Dr. med. George Daley vom Children’s Hospital in Boston hat dies nach Analyse des gesamten Genoms auf Polymorphismen einzelner Nukleotide in jener Zelllinie herausgefunden, die Hwang 2004 als Beleg für den angeblichen Durchbruch gedient hatte (Cell Stem Cell, online doi:10.1016/j.stem.2007.07.001).
ES-Zellen aus Parthenogenese
„Hätte Hwang damals erkannt, dass im Labor eine embryonale Stammzelllinie parthenogenetisch erzeugt worden ist, hätte er dies ebenfalls in angesehenen Fachzeitschriften wie ,Science‘ oder ,Nature‘ publizieren können“, so Dr. med. Tobias Cantz aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. rer. nat. Hans R. Schöler vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster zum DÄ. Denn Methoden zur parthenogenetischen Erzeugung humaner ES-Zellen seien erst jüngst veröffentlicht worden (Cloning and Stem Cells doi:10.1089/clo.2007.0033).
Die Parthenogenese gelte als Hoffnungsträger für die Gewinnung von humanen ES-Zellen, denn sie sei vermutlich effektiver als der Kerntransfer einer Somazelle, so Daley, der die Untersuchungen zu Hwangs Forschungsbetrug 2005 geleitet hatte. Zwar wäre Gewebe aus ES-Zellen, die von unbefruchteten Oozyten stammten, immunologisch nur mit dem Gewebe der Eizellspenderin komplett identisch, es ließen sich aber Bibliotheken aus Zelllinien anlegen, die entweder homo- oder heterozygot für die häufigsten Allele der Gewebeverträglichkeitsantigene seien, sodass eine große immunologische Bandbreite abgedeckt würde.
Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

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