MEDIZINREPORT
Brustdiagnostik: Im MRT höhere Trefferquote für Frühformen des Mammakarzinoms


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Vorzüge der MRT in der Mammadiagnostik: Hohe Sensitivität und Spezifität
Vorzüge der MRT in der Mammadiagnostik: Hohe Sensitivität und Spezifität
Die Magnetresonanztomografie (MRT, Kernspintomografie) gilt als das treffsicherste bildgebende Verfahren in der Mammadiagnostik. Die Methode zeichnet sich besonders durch die hohe Sensitivität im Nachweis von invasiven Formen des Mammakarzinoms aus. Nicht zuletzt aus Kosten-Nutzen-Überlegungen wurde als Screening-Methode jedoch die Mammografie (etwa 100 Euro versus 400 Euro) bevorzugt, sodass das MRT als „Zusatzverfahren“ bei speziellen Fragestellungen zum Einsatz kommt. Sie dient bislang:
- zur Unterscheidung zwischen Narben- und Karzinomgewebe bei Verdacht auf Rezidiv,
- dem Ausschluss weiterer Herde bei einem bekannten Karzinom,
- der Verlaufskontrolle bei Chemotherapie,
- der Suche nach einem unbekannten Primärtumor bei histolo-gisch gesichertem Mammakarzinom,
- bei unklaren klinischen, mammografischen oder sonografischen Herdbefunden sowie
- der Untersuchung von Patientinnen mit Brustimplantaten.
Doch die internationale Studienlage zugunsten der MRT in der Brustkrebsdiagnostik wird seit dem Jahr 2000 – maßgeblich aus deutscher Feder durch Prof. Dr. med. Christiane Kuhl von der Radiologischen Klinik der Universität Bonn – immer eindeutiger. Trotz unterschiedlicher Settings und Messtechniken haben nachfolgende Untersuchungen aus Kanada, den Niederlanden, Großbritannien, den USA und Italien erstaunlich konkordante Ergebnisse geliefert. 2005 überraschte Kuhl die Fachwelt erneut mit der Empfehlung, die MRT als Standard-Untersuchungsmethode bei Frauen mit familiär gehäuftem Brustkrebs in der Anamnese einzusetzen, anstatt diese Risikogruppe mammografisch auf Brusttumoren zu screenen. Die Rationale für diese Empfehlung ist, dass jüngere Frauen mit einem Gendefekt ein deutlich dichteres Drüsengewebe als ältere Frauen aufweisen, was die Auswertung der Mammografie erschwert. Zum anderen kommt das MRT ohne Röntgenstrahlenbelastung aus, wodurch ein Strahlenrisiko der genetisch vorbelasteten Frauen ausgeschlossen wird.
Kuhl und Kollegen hatten 462 Frauen fünf Jahre lang regelmäßig untersucht. Dabei waren 96 Prozent aller festgestellten Mammakarzinome durch die MRT entdeckt worden; bei der Mammografie betrug die Trefferquote lediglich 42 Prozent, beim Ultraschall 47 Prozent. Seitdem wird die MRT bei Frauen, bei denen aufgrund der Familienanamnese ein deutlich erhöhtes Mammakarzinomrisiko besteht, im Rahmen einer Sondervereinbarung mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen zusätzlich zur Mammografie und Sonografie eingesetzt.
Jetzt veröffentlichten Kuhl und Kollegen eine Studie, deren Ergebnisse (Lancet 2007; 370: 485–92) möglicherweise Auswirkungen auf die Vorsorgeuntersuchung aller Frauen – also nicht nur der Hochrisikopatientinnen – haben könnten und für einen Paradigmenwechsel sprechen. So erwies sich die MRT bei der Diagnostik von Vorstufen des Mammakarzioms, dem duktalen Carcinoma in situ (DCIS), deutlich treffsicherer als die Mammografie.
Studie räumt mit bisherigen
Lehrmeinungen auf
Die Suche nach DCIS galt aber bislang als Domäne der Mammografie. Sie macht kleine Verkalkungen sichtbar, die sich auf den Endothelzellen der erkrankten Milchgänge ablagern. Im MRT-Bild sind derartige Einlagerungen unsichtbar. Daher galt die Methode bislang als ungeeignet, um intraduktale Karzinome aufzuspüren. Auch dies war ein wesentlicher Grund dafür, allein die Mammografie als Goldstandard zur Früherkennung einzusetzen.
Die Bonner Radiologen haben in den vergangenen fünf Jahren 7 319 Frauen mit beiden Methoden untersucht. Bei 167 von ihnen fanden sie Frühformen von Brustkrebs. Während in der Mammografie nur 93 DCIS (56 Prozent) entdeckt wurden, waren es mittels MRT 153 (92 Prozent) Brustkrebs-Frühformen.
Allerdings gibt es unterschiedliche Formen intraduktaler Karzinome: weniger aggressive (low-grade) und hoch aggressive (high-grade). Während low-grade DCIS sich relativ „gutartig“ verhalten, manchmal sogar den Milchgang nie verlassen, entwickeln sich die high-grade DCIS immer zu vital gefährdenden invasiven Karzinomen. „Vor allem diese aggressiven Formen waren mittels MRT gut zu erkennen, während die Mammografie häufig versagte“, betonte Kuhl.
Insgesamt fanden die Mediziner im Laufe der Studie 89 high-grade DCIS. Die MRT erkannte 98 Prozent dieser aggressiven Brustkrebsvorstufen, die Mammografie nur 52 Prozent. Der Grund dafür ist, dass sich die schnell wachsenden Tumoren häufig nicht durch Verkalkungen bemerkbar machen. Stattdessen sind sie von vielen kleinen Blutgefäßen durchzogen, in denen sich das bei der MRT gespritzte Kontrastmittel besonders gut anreichert.
„Unsere Studie räumt mit einer ganzen Reihe von Lehrbuchmeinungen auf“, sagte Kuhl. „Erstens wurde immer behauptet, die MRT sei nicht geeignet, Brustkrebsvorstufen in den Milchgängen zu finden. Wie unsere Ergebnisse zeigen, ist das Gegenteil richtig.“ Zweitens liefert die MRT nach den Ergebnissen der Bonner Arbeitsgruppe seltener einen falschpositiven Befund als die Mammografie. Der positive prädiktive Wert der MRT lag bei 59 gegenüber 55 Prozent für die Mammografie.
Die MRT könne die Diagnose von Brustkrebs-Frühstadien erheblich verbessern, und zwar nicht nur bei Risikogruppen, sondern bei allen Frauen, lautet das Fazit der Bonner Radiologin, und sie fügt hinzu: „Frauen, deren DCIS nur mit der MRT zu diagnostizieren war, unterschieden sich weder hinsichtlich ihres Risikoprofils noch hinsichtlich ihres Alters, Menopausenstatus oder der Dichte ihres Drüsengewebes von den Frauen, deren DCIS mammografisch zu sehen war. Das ist ja genau der Grund, warum anzunehmen ist, dass die MRT die Diagnos-tik des DCIS bei allen Frauen verbessern helfen wird. Es gibt keine Prädiktoren, die besagen, welche Frauen keine MRT benötigen würden.“
Allerdings möchte Kuhl die Ergebnisse nicht als Argument gegen das laufende Mammografie-Screening verstanden wissen. „Die Mammografie ist als Basisuntersuchung zur Früherkennung unverzichtbar.“ Die MRT sei für den Einsatz zur flächendeckenden Früherkennung zudem noch nicht reif.
„Noch wird diese Methode bei Brustuntersuchungen viel zu selten eingesetzt – entsprechend fehlt es an Radiologen, die damit ausreichende Erfahrungen sammeln konnten“, so die Wissenschaftlerin. „Die Aufnahmen müssen nach speziellen Gesichtspunkten beurteilt werden, dafür braucht man einen geschulten Blick.“ Einem flächendeckenden screeningmäßigen Einsatz der MRT stehen zudem die begrenzte Verfügbarkeit der Methode sowie die Kosten entgegen. Dennoch sieht Kuhl die Zukunft der Mammadiagnostik „klar in der MRT, auch wenn das derzeit noch nicht umzusetzen ist“.
Als erste medizinische Fachgesellschaft hat die American Cancer Society im Februar Konsequenzen aus der nicht zufriedenstellenden Sensitivität der Mammografie im Risikokollektiv gezogen und offizielle Empfehlungen zum präventiven Einsatz der MRT in der Brustkrebsfrüherkennung herausgegeben.
Dr. med. Vera Zylka-Menhorn
MRT der Mammae
Die MRT der Mamma wird in der Regel als dynamische Untersuchung mit Anfertigung schneller zwei- oder drei-dimensionaler Gradientenecho-Sequenzen vor und an mehreren Zeitpunkten nach intravenöser Kontrastmittel-applikation durchgeführt. Hierzu werden spezielle Brustdoppelspulen eingesetzt, mit denen beide Mammae gleichzeitig untersucht werden können.
Für die Untersuchung wird die Patientin in Bauchlage in die Magnetröhre gefahren. Ein extrem starkes Magnetfeld von 1,5 Tesla (das ist um den Faktor 100 000 höher als das Erdmagnetfeld) regt die Wasserstoffatome im Körper zu Schwingungen an. Beim Abschalten des Feldes „fallen“ sie in ihren ursprünglichen Zustand zurück und geben dabei eine Art Signal ab, das von speziellen Detektoren aufgefangen wird. Ein Computerprogramm subtrahiert die Schnittbilder der Brust vor und nach der Kontrastmittelgabe voneinander. Übrig bleiben die Areale in der Brust, die das meiste Kontrastmittel aufnehmen – und zu denen gehören auch die meisten Karzinome.
Bei jungen (prämenopausalen) Frauen sollte die MRT der Mamma zwischen dem fünften und 14. Zyklustag durchgeführt werden, da in dieser Phase die beste Beurteilbarkeit der Untersuchung gegeben ist.
Wichtige Kontraindikationen für die MRT sind unter anderem Schrittmacher und bestimmte intrakranielle Clips.
Forsting, Michael
Schild, Hans H.
Keil, Volker
Wenderlein, J. Matthias