ArchivDeutsches Ärzteblatt PP9/2007Arbeitsmarkt für Ärztinnen und Ärzte: Ausschreibungsboom ungebrochen

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Arbeitsmarkt für Ärztinnen und Ärzte: Ausschreibungsboom ungebrochen

Martin, Wolfgang

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Die Arbeitgeber haben nach wie vor Probleme, frei werdende ärztliche Stellen adäquat neu zu besetzen.

Im ersten Halbjahr 2007 wurden im Deutschen Ärzteblatt noch einmal 20 Prozent mehr Stellenanzeigen für Fachärztinnen und Fachärzte geschaltet als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Während die Nachfrage aus den Akutkrankenhäusern mit plus 14 Prozent nicht mehr ganz so stark zunahm wie 2006, verzeichneten einige außerklinische Tätigkeitsfelder nochmals höhere Zuwachsraten.
Rehabilitationskliniken veröffentlichten bis Ende Juni knapp 30 Prozent mehr Stellenausschreibungen für Fachärztinnen und Fachärzte als im Vorjahr. Dies ist jedoch weniger ein Zeichen für einen tatsächlich steigenden Bedarf an ärztlichen Mitarbeitern infolge einer Ausweitung des Leistungsangebots als vielmehr ein Indiz für die zunehmenden Personalengpässe im ärztlichen Bereich. Es ist fast schon die Regel, dass Stellen mehrfach ausgeschrieben werden müssen, bevor sie erfolgreich besetzt werden können. Dabei ist es nicht allein die Diskussion um unsichere Zukunftsaussichten der stationären Rehabilitation, die den Personalverantwortlichen zu schaffen macht. Negativ wirkt sich ebenfalls aus, dass die meisten Ärztinnen und Ärzte das Tätigkeitsfeld Rehabilitation im Rahmen ihrer Weiterbildung nicht kennenlernen und es daher bei ihrer Berufsplanung nicht berücksichtigen.
Für Rehabilitationskliniken ist es inzwischen nahezu unmöglich geworden, frei werdende Stellen in der Orthopädie zeitnah zu besetzen. Hier wurden mit 97 fast doppelt so viele Oberarztpositionen ausgeschrieben wie im Vorjahr. Mit der Zusammenlegung der Fachgebiete Orthopädie und Unfallchirurgie sind die Weiterbildungsinhalte nochmals weiter in Richtung der operativen Tätigkeiten verschoben worden. Zudem ist Rehabilitation nur noch ein Randthema. Damit richtet sich der Fokus der angehenden Fachärztinnen und Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie noch stärker auf die Berufstätigkeit im operativen Bereich.
Gutachter gesucht
Ähnlich schwierig gestaltet sich die Suche nach Gutachtern; die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) und die in der Deutschen Rentenversicherung zusammengeschlossenen Versicherungsträger schalteten im ersten Halbjahr 2007 mit 188 knapp doppelt so viele Stellenanzeigen für Gutachterpositionen wie im Vorjahr. Diese Arbeitgeber hatten auch in der Vergangenheit immer wieder Probleme, sich bei der Personalgewinnung gegenüber dem klinischen Bereich zu behaupten. Sie werden seit einiger Zeit durch die besonders hohe Nachfrage aus den Akutkrankenhäusern natürlich noch verschärft. Immer öfter müssen Stellen ausgeschrieben werden (oft sogar mehrmals), für die vor zwei bis drei Jahren noch Initiativbewerbungen vorgelegen hätten. Gesucht werden vorrangig Internisten, Chirurgen, Orthopäden, Psychiater und Neurologen. Gerade in den beiden letztgenannten Facharztgruppen ist der Nachwuchs aber bereits seit einiger Zeit sehr knapp. Und Internisten, Chirurgen sowie Orthopäden wiederum bieten sich zurzeit in den Akutkrankenhäusern ungewöhnlich günstige berufliche Perspektiven.
Die Akutkrankenhäuser
suchen Spezialisten
Der öffentliche Gesundheitsdienst – in erster Linie die Gesundheitsämter – schaltete mit 60 etwas weniger Anzeigen als im Vorjahr. Bei der Finanzknappheit der Kommunen wird hier höchstens der Ersatzbedarf gedeckt. Neben den Fachärztinnen und Fachärzten für Öffentliches Gesundheitswesen sind besonders die Fachgebiete Kinder- und Jugendmedizin sowie Psychiatrie und Psychotherapie gefragt.
Die Nachfragebelebung in den Akutkrankenhäusern wirkt sich auf alle Fachgebiete aus.
Die Nachfragebelebung in den Akutkrankenhäusern wirkt sich auf alle Fachgebiete aus.
Die Nachfragebelebung in den Akutkrankenhäusern wird nach wie vor hauptsächlich aus zwei Quellen gespeist. Zum einen sorgt die Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes dafür, dass überdurchschnittlich viele „einfache“ Facharztpositionen ausgeschrieben werden: 21 Prozent mehr als im Vorjahr. Dies ist besonders in den Fachgebieten Anästhesiologie (plus 40 Prozent), Innere Medizin (plus 38 Prozent), Frauenheilkunde und Geburtshilfe (plus 36 Prozent) sowie Kinder- und Jugendmedizin zu spüren (plus 34 Prozent). Zum anderen werden im Zuge der Ausweitung und Profilierung des medizinischen Leistungsspektrums von den Akutkrankenhäusern nach wie vor entsprechende Spezialisten gesucht, vorwiegend auf der Oberarztebene. Davon profitierten bisher in diesem Jahr besonders die Internistinnen und Internisten: sie konnten auf 36 Prozent mehr Stellenausschreibungen zurückgreifen als im Vorjahr. Dies betraf natürlich in erster Linie Internistinnen und Internisten mit einer Schwerpunktbezeichnung; besonders gefragt waren hier Gastroenterologen, für die mit 118 rund 60 Prozent mehr Stellenangebote gezählt wurden als im Vorjahr. Sie ließen damit die Kardiologen in der Nachfragegunst eindeutig hinter sich. Aber auch Geriater und Diabetologen sind zurzeit heiß begehrt.
Auch die MVZ schreiben
zunehmend Stellen aus
Überdurchschnittliche Zuwachsraten verzeichneten mit einem Plus von 25 Prozent auch die Orthopäden/Unfallchirurgen. Hier sorgt die Umsetzung der neuen Weiterbildungsordnung für eine deutliche Nachfragebelebung, da in vielen Krankenhäusern neue Abteilungen für Orthopädie und Unfallchirurgie etabliert werden. Ansonsten stagnierte die Nachfrage in der Chirurgie auf hohem Niveau. Hier scheint die erneute Spezialisierungswelle ihren Höhepunkt inzwischen erreicht zu haben.
Langsam in Schwung kommt die Nachfrage der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) nach Fachärztinnen und Fachärzten. Insgesamt wurden fast 100 Stellen im Angestelltenverhältnis ausgeschrieben. In erster Linie gesucht wurden Fachärztinnen und Fachärzte für Innere Medizin, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Augenheilkunde, Allgemeinmedizin, Neurologie, Kinder- und Jugendmedizin sowie Hals-Nasen-Ohrenheilkunde.
Dr. Wolfgang Martin
E-Mail: mainmedico@t-online.de

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