

Im Mittelpunkt der therapeutischen Haltung steht für ihn die Konzentration nicht nur auf die sprachlichen, sondern auch auf die nonverbalen Interaktionen, wobei der Therapeut immer wieder auf empathische Weise versuchen solle, die innere Welt des Patienten aus dessen Perspektive heraus wahrzunehmen. Folgerichtig führen die in zehn Kapiteln angeordneten Ratschläge für die Technik den Leser immer wieder an die subjektive Perspektive des Patienten heran; die therapeutische Wirksamkeit wird im Wesentlichen aus dem Erkennen und Diskutieren des subjektiv erlebten Affekts erhofft. Diese Vorgehensweise wird an vielen Beispielen verdeutlicht, auch an Verbatim-Protokollen.
Kritisch bleibt anzumerken, dass sich Lichtenberg mit seinen Richtlinien weit von einem Verständnis von Psychoanalyse entfernt hat, das auf die Aufhellung unbewusster Konflikte abzielt und dessen Technik sich an den zentralen Begriffen Übertragung, Gegenübertragung und Widerstand orientiert. Stattdessen wird der Erfolg des therapeutischen Bemühens ganz an der systematischen Anwendung des empathischen Wahrnehmungsmodus festgemacht. Diese Haltung ist aber auch von der Gesprächstherapie in ihrer Forderung nach Echtheit, Empathie und dem Verbalisieren von Erlebensinhalten formuliert worden und lässt sich als eine notwendige Grundvoraussetzung für alle Therapierichtungen begreifen. Wenn Lichtenberg nun von „aversiven motivationalen Systemen“ statt vom „Widerstand“ und dessen Bearbeitung im therapeutischen Prozess spricht, vergibt er die Chance, den spezifisch psychoanalytischen Zugang zum Patienten, die Aufdeckung und die Arbeit an dessen unbewussten Konflikten in den Mittelpunkt des therapeutischen Herangehens zu stellen. Alf Gerlach
Joseph D. Lichtenberg: Kunst und Technik psychoanalytischer Therapien. Brandes & Apsel, Frankfurt am Main, 2007, 232 Seiten, Hardcover mit Fadenheftung, 29 Euro
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