ArchivDeutsches Ärzteblatt38/2007Pflegeversicherung: Heime sollen eigene Ärzte einstellen

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Pflegeversicherung: Heime sollen eigene Ärzte einstellen

Rabbata, Samir

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Ein vertrauensvolles Arzt-Patient- Verhältnis ist gerade für alte Menschen wichtig. Einen festen „Heimarzt“ in Pflegeeinrichtungen fordert Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Ärzteverbände setzen auf langfristige Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten. Foto: Superbild
Ein vertrauensvolles Arzt-Patient- Verhältnis ist gerade für alte Menschen wichtig. Einen festen „Heimarzt“ in Pflegeeinrichtungen fordert Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Ärzteverbände setzen auf langfristige Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten. Foto: Superbild
Der Referentenentwurf zur Pflegereform sorgt für Wirbel. Ärzteverbände kritisieren die Einführung von „Heimärzten“, die Union warnt vor ausufernden Kosten.

Lob und Skepsis hat die Forderung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hervorgerufen, in Pflegeeinrichtungen sogenannte Heimärzte anzustellen. „Das ist ein erster Schritt“, sagte der Präsident des Sozialverbandes Deutschland, Adolf Bauer. Darüber hinaus müssten Pflegeheime verpflichtet werden, die ärztliche Versorgung der Bewohner sicherzustellen. Zurückhaltend reagierten hingegen Ärzteverbände auf den Vorstoß. So sieht der Vorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. med. Klaus Bittmann, keine Veranlassung für die Einführung eines speziellen Heimarztes. Vielmehr müssten die neuen Möglichkeiten genutzt werden, die Pflege in die integrierte Versorgung einzubeziehen, schlägt Bittmann vor. Als reine „Phantomdiskussion“ bezeichnete der Vorsitzende des Hartmannbunds, Dr. med. Kuno Winn, das Vorhaben. Angesichts des Ärztemangels sei nicht zu erwarten, dass es Heimen gelingen werde, Ärzte für eine Beschäftigung zu gewinnen.
Schmidt hatte zuvor kritisiert, dass es zu viele Einweisungen in Krankenhäuser gebe, weil Ärzte in Pflegeeinrichtungen fehlten. Abhilfe soll die Pflegereform schaffen. Pflegekassen sollten darauf hinwirken, „dass stationäre Pflegeeinrichtungen Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten eingehen oder eigene Heimärzte einstellen“, heißt es dazu in dem 260-seitigen Referentenentwurf zur Pflegereform, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Für Auseinandersetzungen innerhalb der Regierung sorgten zudem Passagen in dem Entwurf, wonach Arbeitnehmern zur Pflege von Angehörigen ein zehntägiger Sonderurlaub finanziert werden soll. Nach dem Referentenentwurf ist die Lohnersatzleistung für den Pflegeurlaub „innerhalb der Koalition noch nicht endgültig abgestimmt“. Wir können nicht immer neue Leistungen einführen, wenn wir schon Schwierigkeiten haben, die bestehenden zu bezahlen“, sagte CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn. Die Union geht von rund 750 Millionen Euro Mehrkosten für den Pflegeurlaub aus. Das Gesundheitsministerium rechnet dagegen mit lediglich 100 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr.
Gestritten wird auch über die Mitnahme von Alterungsrückstellungen innerhalb der privaten Pflegeversicherung sowie über den Aufbau von sogenannten Pflegestützpunkten. Obwohl der Entwurf hierbei den Vorgaben der Koalitionsspitzen von Mitte Juni folgt, ist die Union skeptisch. Einig sind sich Union und SPD hingegen in der Frage der Finanzierung von Pflegeleistungen. So werden die Pflegesätze in drei Stufen angehoben. Dafür wird der Beitragssatz zur Pflegeversicherung zum 1. Juli 2008 um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 Prozent steigen. Nach Einschätzung der Regierung wird damit die Finanzierung der Pflegeleistungen für die nächsten sieben Jahre gesichert.
Unterdessen hat der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) das geplante Mitspracherecht von Leistungserbringern bei der Erstellung von Prüfberichten über Pflegeeinrichtungen scharf kritisiert. Diese Regelung laufe allen Bemühungen um eine Verbesserung der Pflegequalität entgegen, warnte Peter Pick, Geschäftsführer des MDS.
Pflege-TÜV – Aufgabe der Krankenkassen?
Hintergrund der Äußerungen ist ein Mitte August vorgestellter Bericht des MDS über die Qualität in Pflegeeinrichtungen. Darin wiesen die Kassenexperten auf Missstände in der ambulanten und stationären Pflege hin (DÄ, Heft 37/2007). Um die Qualität der Pflege zu verbessern, hatten Koalitionspolitiker gefordert, einen „Pflege-TÜV“ einzuführen. Pick äußerte hierfür Verständnis. Er stellte jedoch klar, dass diese Aufgaben bereits vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) übernommen würden.
Samir Rabbata

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