POLITIK
Humanitäre Hilfe: Globalisierung der Solidarität


Fotos: Ärzte der Welt
Die Bundesregierung wird ihren Beitrag für den „Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria“ um 200 Millionen Dollar erhöhen. Insgesamt stellt sie damit jährlich 500 Millionen bereit. Das kündigte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Karin Kortmann, im Vorfeld der „2. Wiederauffüllungskonferenz“ an, die am 28. September in Berlin zu Ende geht. Die Konferenz bringt die großen Geldgeber, öffentliche wie private, zusammen mit dem Ziel, die (medizinische) Hilfe kontinuierlich und systematisch zu finanzieren. Seit 2002 wurden insgesamt elf Milliarden Dollar aufgebracht. Geschätzt wird, dass bis 2010 jährlich etwa sechs Millarden Dollar benötigt werden. Kortmann forderte, in Anspielung auf den ökonomischen Begriff, eine Globalisierung der Solidarität.
Die Politikerin sprach auf einer Veranstaltung der Organisation „Ärzte der Welt“ (Médecins du Monde). Diese erinnerte in Berlin mithilfe der Bilder eines Fotowettbewerbs an vergessene Krisen, unter deren Folgen die Betroffenen gleichwohl höchst aktuell leiden. So zeigt eine Bildstrecke des Ersten Preisträgers, des Griechen Yannis Kontos, einen jungen Mann aus Sierra Leone, dessen beide Unterarme amputiert sind. Richtiger: Sie wurden abgeschlagen. Solche „Amputationen“ seien während des Bürgerkriegs eine beliebte Methode gewesen, Zivilisten einzuschüchtern, erläutert der Fotograf. Die Betroffenen lebten nahe der Hauptstadt Freetown in Amputiertencamps. Es gebe keine staatliche Unterstützung, obwohl der Staat am Diamantengeschäft jährlich 300 bis 450 Dollar verdiene, auch die medizinische Hilfe sei seit 2003 eingestellt.
Zu dem Wettbewerb, der nach dem spanischen Fotografen Luis Valtuena benannt ist und zum zehnten Mal ausgetragen wurde, hatten 338 Fotografen 972 Arbeiten eingereicht. Zu sehen sind nun 27 eindrucksvolle Bilder (bis zum 27. Oktober, Café Krull in der Kulturbrauerei; alle Bilder auch im Katalog). Valtuena, eine Krankenschwester und eine Ärztin sind 1997 in Ruanda bei einem Einsatz für Médecins du Monde ermordet worden.
Politikerin Kortmann bezeichnete in Berlin die Ärzteorganisation als starken Partner in der Entwicklungszusammenarbeit. Man frage nicht, „wo sind wir sicher“, sondern, „wo werden wir gebraucht“. Nun sind keineswegs alle Einsätze riskant, wie ein Blick auf die Projektliste zeigt, doch spielen sich viele tatsächlich in Krisengebieten ab, wie jetzt etwa Afghanistan, oder in Ländern, die langjährigen Krisen gerade entronnen sind, wie Liberia.
An vergessene
Krisen erinnern die
Bilder eines Fotowettbewerbs,
die
zurzeit in Berlin zu
sehen sind:
„Afghanische
Frauen“ (oben),
das „Leben als
Verstümmelter“
(unten).
Médecins du Monde hat weltweit 7 000 Mitglieder, 1 200 Freiwillige arbeiten in den Projekten. Der Etat liegt bei gut 40 Millionen Euro, betreut werden rund 300 Projekte in etwa 90 Ländern. Der deutsche Zweig (Vorsitz: Prof. Dr. med. Wilfried Schilli) mit Sitz in München ist mit einem Etat von rund 550 000 Euro vergleichsweise klein. (Informationen im Internet unter www.
aerztederwelt.de; www.medecinsdumonde.org). Norbert Jachertz
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