ArchivDeutsches Ärzteblatt42/2007RANDNOTIZ: Gedächtnistrainer
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LNSLNS Was empfiehlt der gute Hausarzt Patienten, die über ein Nachlassen der geistigen Fähigkeiten klagen? Gedächtnistraining, Gehirnjogging, Gedichte auswendig lernen, Bridge oder Memory spielen.
Glücklicherweise müssen wir Kassenärzte uns keine Gedanken darüber machen, wie wir unsere Synapsen aktiv halten. Denn alle drei, vier Jahre werden wir mit einem neuen Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) eingedeckt: das heißt, alles bisher Relevante löschen! Der 1. April 2005 war so ein Glückstag: Von übersichtlichen ein- bis dreistelligen Ziffern wurde auf satte fünfstellige umgestellt. Das war gut fürs Gedächtnis: 03112 hat eine völlig andere Bedeutung als 03120, 03111, 03110, 03211, 03311, 03312 und 03313, um nur einige zu nennen.
Ich erinnere mich lebhaft an den Paukkurs anlässlich des EBM 2005. Der Vortragende fragte: „Orientierende entwicklungsneurologische Untersuchung bei einem Neugeborenen, Säugling oder Kleinkind?"– alle im Chor: „03350.“ „Wirklich?“ Hektisches Blättern im Verzeichnis. Hurra, es stimmt. Die nächste Änderung sieht bestimmt sieben- bis neunstellige Zahlenfolgen vor, Steigerung muss ja sein!
„Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise/und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen“, schrieb Hermann Hesse in dem Gedicht „Stufen“. „Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise/mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.“
Pfui! Erschlaffen und lähmende Gewöhnung! Das wollen wir nicht. Daher der Hilferuf: „Gebt uns bald wieder einen neuen EBM!“ Und jetzt die gute Nachricht: Zum 1. Januar 2008 soll es soweit sein. Hurra, wir dürfen wieder lernen!

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