MEDIZINREPORT
Aktuelle Impfempfehlungen: Die wichtigsten Veränderungen im Überblick


Kostenübernahme:
Seit April sind
Schutzimpfungen
eine Pflichtleistung
der gesetzlichen
Krankenkassen.
Foto: Novartis Behring
Humane Papillomviren (HPV)
Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen humane Papillomviren für Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Da der Nutzen für bereits HPV-infizierte beziehungsweise sexuell aktive Frauen derzeit noch nicht ausreichend untersucht ist, sollten Ärzte den potenziellen Nutzen der Impfung von Frauen jenseits des empfohlenen Impfzeitpunkts (unter Berücksichtigung von Anamnese und Gefährdung) individuell prüfen.
Die HPV-Impfung ist nicht alternativ, sondern ergänzend zum Früherkennungsprogramm des Gebärmutterhalskrebses zu sehen. Früherkennungsmaßnahmen zum Zervixkarzinom sollten daher auch von HPV-geimpften Frauen weiterhin in Anspruch genommen werden (Epidemiologisches Bulletin 12/2007).
Masern, Mumps und Röteln
Masernimpfung bei erhöhtem beruflichen Risiko: Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) für jedes Kind im zweiten Lebensjahr mit zwei Dosen MMR-Impfstoff beziehungsweise als Kombination mit Varizellen (MMRV). Ein Nachholen der Impfung gegen MMR sollte bei fehlendem Schutz bis zu einem Alter von 17 Jahren (bis zum letzten Tag vor dem 18. Geburtstag) erfolgen.
Eine generelle Masernimpfung für alle Erwachsenen ohne Impfschutz wird von der STIKO bisher nicht empfohlen. Die STIKO hat aber – auch nach den Erfahrungen des Masernausbruchs in Nordrhein-Westfalen in 2006 – die Indikationen für eine Impfung gegen Masern im Erwachsenenalter präzisiert.
Die Empfehlung zur einmaligen Masernimpfung bei empfänglichen Personen (Epidemiologisches Bulletin 30/2006) wurde von der STIKO erweitert. Demnach sollten ungeimpfte beziehungsweise empfängliche Personen im Gesundheitsdienst, in Gemeinschaftseinrichtungen und Kinderheimen einmalig gegen Masern geimpft werden. Hierfür sollte vorzugsweise der MMR-Impfstoff eingesetzt werden.
Die Erweiterung der beruflichen Indikation auf den Gesundheitsdienst berücksichtigt, dass ein Risiko bei der derzeitigen epidemiologischen Situation nicht nur innerhalb der Pädiatrie und Onkologie zu erwarten ist; die Empfehlungen waren zuvor auf diese Bereiche beschränkt gewesen. Bezogen auf Gemeinschaftseinrichtungen wurde der Zusatz „für das Vorschulalter“ gestrichen.
Postexpositionelle MMR-Impfung: Eine Vereinheitlichung der Empfehlungen berücksichtigt die Realität der Impfstoffverfügbarkeit (Kombinationsimpfstoff MMR) und dient der vereinfachten Anwendung. Zudem wurde die Einschränkung der postexpositionellen Impfungen auf Kontaktpersonen in Gemeinschaftseinrichtungen aufgehoben und damit berücksichtigt, dass auch für Erwachsene außerhalb von Gemeinschaftseinrichtungen ein Erkrankungs- sowie ein erhöhtes Komplikationsrisiko bestehen.
Für die postexpositionelle MMR-Impfung wird empfohlen, ungeimpfte oder einmal geimpfte Personen und Personen mit unklarem Immunstatus, die Kontakt zu Masern-, Mumps- beziehungsweise Rötelnkranken hatten, einmalig vorzugsweise mit MMR zu impfen. Die Impfung sollte möglichst innerhalb von drei Tagen nach Exposition erfolgen.
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Aktualisierte Darstellung der FSME-Risikogebiete: Für die Einteilung in Kreisgebiete mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von FSME-Erkrankungen, gibt es eine neue Bewertungsgrundlage. Diese beruht erstmals ausschließlich auf den (gemäß Infektionsschutzgesetz) dem RKI übermittelten FSME-Erkrankungsdaten aus den Jahren 2002 bis 2006. Für die Risikoeinschätzung wird statt absoluter Fallzahlen (wie in den Vorjahren) die Fünf-Jahres-Inzidenz der FSME-Erkrankungen auf Kreisebene verwendet (Epidemiologisches Bulletin 15/2007).
Postexpositionelle Impfung: Der Nutzen einer postexpositionellen Impfung nach Zeckenstich ist zwar nicht ausreichend belegt, nach Ansicht der STIKO sind jedoch Situationen vorstellbar, die ein solches Vorgehen individuell sinnvoll erscheinen lassen können (Epidemiologisches Bulletin 15/2007).
Hepatitis A
Nicht nur homosexuell aktive Männer sollten geimpft werden, sondern alle Personen mit einem Sexualverhalten, das mit einer hohen Infektionsgefährdung einhergeht.
Für das Personal in Kindertagesstätten wurde präzisiert, dass zur Gefährdungsbeurteilung die Tätigkeit und nicht der Beschäftigungsstatus in einer Kindertagesstätte zu berücksichtigen ist.
Hepatitis B (HB)
Hier ergeben sich Neuerungen hinsichtlich der Anwendungshinweise: So bestehen Indikationen, den Impferfolg vier bis acht Wochen nach der letzten Dosis HB-Impfstoff zu kontrollieren. Sollte bei der Kontrolle des Impferfolges der Anti-HBs-Wert < 100 IE/1 liegen, wird empfohlen, eine weitere Dosis HB-Impfstoff zu geben und den Impferfolg wiederum vier bis acht Wochen später zu kontrollieren. Bei erneutem Nichtansprechen auf die Impfung kann die HB-Impfung mit bis zu maximal drei Dosen wiederholt werden.
HB-Impfung im Kindesalter
Seit 1996 besteht die Empfehlung, alle Kinder gegen HB zu impfen. Zehn Jahre nach Einführung der generellen Impfung aller Säuglinge gegen HB stellt sich die Frage, ob für die im Säuglingsalter geimpften Kinder eine Auffrischimpfung nach zehn Jahren (wie für Risikopersonen empfohlen) notwendig ist. Alle verfügbaren Daten sprechen dafür, dass die Schutzwirkung nach Impfung im Säuglingsalter länger als zehn Jahre anhält. Eine Auffrischimpfung für geimpfte Kinder, die jetzt zehn bis zwölf Jahre alt sind, erscheint daher derzeit nicht notwendig. Aktuell werden Daten erhoben, anhand derer man entscheiden muss, ob nach der 15-Jahres-Grenze eine Booster-Dosis sinnvoll ist.
Meningokokken der Serogruppe C und Pneumokokken
Zum Juli 2006 erfolgte die Einführung einer generellen Impfung für alle Kinder im zweiten Lebensjahr mit konjugiertem Meningokokken-Impfstoff der Serogruppe C sowie die Impfung aller Kinder im ersten und zweiten Lebensjahr gegen Pneumokokken mit Pneumokokken-Konjugatimpfstoff.
Neuere Änderungen der Fachinformationen machen die gleichzeitige Anwendung eines Meningokokken-C-Konjugatimpfstoffes und des siebenvalenten PneumokokkenKonjugatimpfstoffes im ersten Lebensjahr möglich. Diesbezügliche Daten für das zweite Lebensjahr liegen nicht vor. Für die Koadministration von Impfstoffen sind deshalb grundsätzlich die Hinweise in den Fachinformationen zu beachten.
Meningokokken
Die Anwendungshinweise für die Meningokokken-Impfung aufgrund von Reisen (R-Indikation) wurden präzisiert: Sie wird Reisenden in epidemische/hyperendemische Länder (besonders bei engem Kontakt zur einheimischen Bevölkerung) sowie Entwicklungshelfern empfohlen. Dies gilt auch für Aufenthalte in Regionen mit Krankheitsausbrüchen und Impfempfehlung für die einheimische Bevölkerung (WHO und Länderhinweise beachten).
Bei Reiseindikation sollten Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit epidemiologisch indiziertem A-, C- oder A,C,W135, Y-Polysaccharidimpfstoff geimpft werden. Der Impferfolg dieser Vakzine ist bei Kindern unter zwei Jahren vor allem für die Serogruppe C, W135 und Y deutlich schlechter als bei Erwachsenen. Es kann jedoch für diese Altersgruppe zumindest ein kurzfristiger Schutz gegen die Serogruppe A erreicht werden.
Für Kinder unter einem Jahr steht eine Impfprophylaxe mit konjugiertem Impfstoff zur Verfügung, wenn vor einer Krankheit durch die Serogruppe C geschützt werden soll.
Pneumokokken-Imfung
Personen > 60 Jahre sollten einen Pneumokokken-Polysaccharidimpfstoff erhalten. Dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) liegen vermehrt Verdachtsmeldungen zu ausgeprägten Lokalreaktionen nach Impfung vor, wobei eine Assoziation mit der Wiederimpfung des Polysaccharidimpfstoffs derzeit nicht ausgeschlossen werden kann.
Eine Wiederimpfung im Abstand von sechs Jahren sollte nach den Angaben des Impfstoffsherstellers für Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Pneumokokkenerkrankungen erfolgen. Hierbei ist die Gefährdung des Impflings durch eine invasive Pneumokokkenerkrankung gegen die Möglichkeit einer verstärkten Lokalreaktion nach Wiederimpfung abzuwägen.
Kostenübernahme
Durch Neufassung des § 20 d SGBV im April 2007 werden Schutzimpfungen zu Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Außerdem werden Krankenkassen ermächtigt, Kostenübernahmeregelungen mit dem ÖGD zu vereinbaren (§ 20 d Abs. 3 SGBV). Die ergänzende Kostenübernahme durch Satzungsleistungen der Krankenkassen ist möglich (§ 20 d Abs. 2 SGB V).
Dr. med. Christiane Meyer (STIKO)
Die ausführlichen Empfehlungen und Begründungen der STIKO (einschließlich Literaturangaben) im Internet: www.rki.de, Rubrik „Infektionsschutz“, Unterrubrik „Impfen“.
Influenza-Saison 2007/08
Die Influenzaimpfstoffe für die Saison 2007/2008 sind gemäß der Empfehlungen der WHO und den Empfehlungen der europäischen Kommission wie folgt zusammengesetzt:
- ein A/Solomon Islands/3/2006 (H1N1)-ähnlicher Virusstamm (Reassortante IVR-145, abgeleitet von A/Solomon Islands/3/2006)
- ein A/Wisconsin/67/2005 (H3N2)-ähnlicher Virusstamm
(Reassortante NYMC-X-161B, abgeleitet von A/Wisconsin/67/ 2005, oder die Reassortante IVR-142, abgeleitet von A/Hiroshima/52/ 2005, ein A/Wisconsin/ 67/2005 – ähnlicher Virusstamm)
- ein B/Malaysia/2506/2004-ähnlicher Virusstamm (B/Malaysia/2506/2004)
Aktuelle Impfempfehlungen
Kostenübernahme:
Seit April sind
Schutzimpfungen
eine Pflichtleistung
der gesetzlichen
Krankenkassen.
Foto: Novartis Behring
Gärber, Heinz
Horneff, Gerd