ArchivDeutsches Ärzteblatt44/2007Kein Schatz gleicht dem anderen
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LNSLNS Vor gut zwei Stunden läutete der Postbote und brachte, neben der üblichen Hauspost, ein geheimnisvolles Päckchen. Es handele sich, so der Glück verheißende Aufdruck, um eine Schatzkiste. In der freudigen Erwartung, ein Anleger habe mir möglicherweise wegen eines fetten Kursgewinns eine Flasche Champagner geschenkt, öffnete ich voller Neugier das Päckchen. Doch welche Enttäuschung barg der tatsächliche Inhalt.
In dem auf Edel gemachten Holzkästlein verbarg sich neben immenser Füllwolle und einigen Pralinen unter anderem Werbematerial, und zwar ein Prospekt der Morgan Stanley Bank AG, in dem für eine Geldanlage in den „Morgan Stanley Schatzbrief“ geworben wurde, genauer dafür, dass ich diese Papiere wohl unter die Leute bringen sollte. Mein lieber Schwan, was sich Werbemenschen alles einfallen lassen! Wenn ich den Prospekt richtig verstanden habe, tritt Morgan Stanley mit seinem Schatzbrief (auch mit Typ A und B) in Konkurrenz zu den bekannten Bundesschatzbriefen und hebt im Grunde darauf ab, besser zu sein. So gibt es unter bestimmten Umständen zum Laufzeitende einen Bonus von einem Prozent, und außerdem seien die eigenen Papiere „im Gegensatz zu Bundesschatzbriefen“ an der Börse handelbar. Es existiere damit „keine Verkaufsbeschränkung wie bei Bundesschatzbriefen“.
Das ist ein bisschen link formuliert. In der Tat können nämlich bei Bundesschatzbriefen (soweit nach dem 1. 1. 2002 emittiert) binnen 30 Zinstagen jeweils Anteile bis 5 000 Euro kostenfrei und ohne jeden Kursverlust zurückgegeben werden. Etwas schamhaft wird im Kleingedruckten vermerkt, dass bei den Morgan-Stanley-Schatzbriefen zusätzliche Kosten für den Kauf und Verkauf sowie für die Verwahrung entstehen können. Das nagt natürlich auch ein wenig an den Erträgen. Bundesschatzbriefe hingegen können neben dem kostenfreien Erwerb und der Einlösung bei der Bundeswertpapierverwaltung völlig spesenfrei verwahrt werden.
Es ist unmittelbar einsichtig, dass Morgan Stanley etwas höhere Renditen bietet (bieten muss), als Staatspapiere abwerfen. Je besser die Bonität eines Emittenten, desto weniger Rendite muss er bieten und kann seine Produkte trotzdem gut an den Mann bringen. Nicht umsonst erwerben die Notenbanken der Welt deutsche Bundeswertpapiere.
Da kein Schatz dem anderen gleicht, ist der Anleger sicher gut beraten, Offerten jedweder Art genau zu prüfen. Wer so klappert wie Morgan Stanley, versteht zwar sein Handwerk und kann auch ein mehr oder weniger konkurrenzfähiges Produkt vorweisen. Es gibt gleichwohl attraktivere Alternativen.

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