ArchivDeutsches Ärzteblatt46/2007Medizinische Fachangestellte: Rasche Verständigung über Tariferhöhung erwartet

POLITIK

Medizinische Fachangestellte: Rasche Verständigung über Tariferhöhung erwartet

Gerst, Thomas

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Aufeinander angewiesen: Höhere Gehälter für die Medizinischen Fachangestellten sind angebracht, will man nicht die gute Kooperation in den Arztpraxen aufs Spiel setzen. Foto: Eberhard Hahne
Aufeinander angewiesen: Höhere Gehälter für die Medizinischen Fachangestellten sind angebracht, will man nicht die gute Kooperation in den Arztpraxen aufs Spiel setzen. Foto: Eberhard Hahne
Viel Geld ist nicht zu verteilen. Gleichwohl ist allen Beteiligten klar,
dass Einkommenssteigerungen bei den Medizinischen Fachangestellten unvermeidlich sind.

Die Enttäuschung war zunächst groß, als bei den abschließenden Verhandlungen zum Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) im Oktober keine Vereinbarung über einen Systemzuschlag für eine bessere Vergütung der Medizinischen Fachangestellten erfolgte. Gescheitert sei dies am Widerstand der Krankenkassen, sagt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen (AAA), Sanitätsrat Peter Sauermann. „Wenn es nichts kostet, wird die Bedeutung einer flächendeckenden ambulanten Medizin hochgehalten; sobald es etwas kostet, gilt dies alles nicht mehr.“
Beide Tarifparteien sind gleichwohl zuversichtlich, dass es am 22. November zu einem erfolgreichen Abschluss der Tarifgespräche zwischen der AAA und dem Verband medizinischer Fachberufe e.V. kommen wird. „Die Medizinischen Fachangestellten werden mehr als bisher bekommen, weil wir etwas anderes nicht mit unserem Gewissen vereinbaren können“, betont der ärztliche Verhandlungsführer. Rückwirkend für das Jahr 2007 werde es auf jeden Fall eine Tariferhöhung geben, die über der Grundlohnsummensteigerung in Höhe von 0,47 Prozent liegen werde. Welchen Spielraum er nach oben für möglich erachtet, darüber wollte sich Sauermann kurz vor der nächsten Verhandlungsrunde nicht äußern. Ganz deutlich zum Ausdruck brachte er allerdings auch, dass es angesichts der weiterhin miserablen Vergütung ärztlicher Leistungen eigentlich nichts zusätzlich zu verteilen gebe. „Wir Ärzte haben ja ein Helfersyndrom. Wir laufen ja selbst ohne Honorar wie die Lemminge in die Praxis.“
Sauermann sieht es als problematisch an, den Ärzten in den neuen Bundesländern die Notwendigkeit einer auch nur geringen Lohnerhöhung über die Grundlohnsummensteigerung hinaus verständlich zu machen. Diese müssten ohnehin zusätzlich Geld aufbringen, um, wie vereinbart, die Schere beim Arzthelferinnen-Gehalt zwischen West und Ost zu schließen. „Was wir zusätzlich geben, müssen die noch obendrauf legen.“ Bereits jetzt würden vor allem im Osten viele Medizinische Fachangestellte unter Tarif bezahlt, und es sei zu befürchten, dass die Bindungswirkung von Tarifabschlüssen, die als zu hoch empfunden werden, zurückgehe. Sauermann ist sich darüber im Klaren, dass hoch qualifizierte Kräfte in den Arztpraxen mit den gegenwärtigen Gehaltsangeboten langfristig nicht gehalten werden können. „Diejenigen, die so flexibel sind, gehen dorthin, wo sie mehr verdienen können.“ Andererseits müsse man aber auch berücksichtigen, dass in ländlichen Regionen Arzthelferinnen vor Ort Arbeitsplätze finden könnten, für die sie sonst lange Wegstrecken zurücklegen müssten.
Ein Anliegen ist es Sauermann, die Altersversorgung der Medizinischen Fachangestellten wesentlich zu verbessern. Mit einem zusätzlichem finanziellen Engagement der Arbeitgeber soll die Dauerfinanzierung einer zusätzlichen Rente sichergestellt werden. Hier besteht weitgehender Konsens mit dem Verband medizinischer Fachberufe. „Wir sind ganz entschieden für eine betriebliche Altersvorsorge“, unterstreicht deren stellvertretende Präsidentin, Margret Urban, zuständig für das Ressort Tarifpolitik. Sie sieht kein Problem darin, den Medizinischen Fachangestellten die Notwendigkeit des mit einer solchen Regelung einhergehenden Verzichts auf vermögenswirksame Leistungen zu vermitteln.
Urban ist zuversichtlich, was die Tarifgespräche anbelangt. Anders als Sauermann sieht sie jedoch mehr Spielraum nach oben bei den Gehältern der Medizinischen Fachangestellten. „Wir wissen, wie es in den Praxen aussieht und dass wir keine unbotmäßigen Forderungen stellen.“ Allerdings müsse man differenzieren; in hausärztlichen Praxen herrschten eher schwierige Bedingungen. Hier hoffe man auf eine Besserung ab dem Jahr 2009 – für Urban ein wichtiger Grund, die Laufzeit des neuen Tarifvertrags auf ein Jahr zu beschränken. Besonders wichtig erscheint es ihr, die Ausbildungsvergütung anzuheben, wozu die Arbeitgeber noch keine Bereitschaft gezeigt hätten. So werde es in Zukunft immer schwieriger, die für diese anspruchsvolle Tätigkeit geeigneten Bewerberinnen zu finden.
Thomas Gerst

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