

Dem in Harvard lehrenden Medizinhistoriker Allan Brandt ist mit seinem bislang leider nur in englischer Sprache vorliegenden Buch über das „Jahrhundert der Zigarette“ ein Meisterwerk gelungen. Sein sachlicher, unaufgeregter Duktus beeindruckt angesichts der präsentierten Fakten. Dabei zeichnet Brandt weit mehr als ein Bild der Entstehung und des Wachstums der Tabakindustrie und ihrer gut dokumentierten Praktiken zur Beeinflussung von Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft einschließlich der Ärzteschaft. Er zeigt am Beispiel des Rauchens zugleich wesentliche Meilensteine der epidemiologischen Forschung und ihrer Methodik beim Aufspüren kausaler Zusammenhänge auf. Das flüssig geschriebene, äußerst lesenswerte Werk ist die Frucht jahrzehntelanger Forschungsarbeit des Autors.
Es ist indes weit mehr als „nur“ ein exzellentes Geschichtsbuch, wie der Fokus auf das 20. Jahrhundert vermuten lassen könnte. Denn während in den entwickelten Ländern mit zunehmenden Erfolg Maßnahmen der Verhältnisprävention durchgesetzt werden, hat sich die Tabakindustrie längst der Durchdringung neuer Märkte zugewandt. Die weltweite Epidemie des Rauchens und der davon verursachten Krankheiten steht erst am Anfang. Es bleibt viel zu tun, und Brandt beweist, dass sich eine erfolgreiche Public Health nicht auf Medizin und Naturwissenschaft beschränken (lassen) darf, sondern eine soziale, ökonomische und politische Dimension hat. Auch deshalb sei dieses exzellente Buch jedem Arzt zur Lektüre empfohlen. Michael Schlander
Allan M. Brandt: The Cigarette Century.
The Rise, Fall, and Deadly Persistence of the Product That Defined America. Basic Books Inc., U.S., 2007, 600 Seiten, gebunden, mit Schutzumschlag, 20,99 Euro