SUPPLEMENT: Reisemagazin
Norwegen: Fjorde im Dämmerlicht
Dtsch Arztebl 2007; 104(49): [16]


Das erste Naturspektakel erwartet die Passagiere kurz nach Mitternacht. Einen Becher Glühwein in der Hand, beobachten sie draußen auf Deck neun mit angehaltenem Atem, wie der Kapitän das Schiff in den Fjord führt, dem es seinen Namen verdankt: den extrem schmalen Trollfjord. Der zwei Kilometer lange Seitenarm des Raftsunds ist stellenweise nur 100 Meter breit, das Wendemanöver erfordert Zentimeterarbeit. Ein Abstecher in den Trollfjord lohnt auch im Dunkeln, denn das Licht der Schiffslampen fällt auf die zum Greifen nahen Felswände.
Vom Vollmond beleuchtet: Mit dem Motorschlitten am Langfjord. Foto: Lutz Stickeln
Entspannung an Deck der MS Trollfjord. Fotos: Hurtigruten
Anzeige
Wieder an Bord lockt der Whirlpool auf dem Außendeck. Das Wasser dampft, und Schneeflocken fallen von einem nachtblauen Sternenhimmel. Die MS Trollfjord setzt ihre Reise fort. Früh am Morgen passiert das Schiff den Polarkreis. Die Überquerung der 66° 34' nördlichen Breite wird mit der Polartaufe gefeiert – eine Zeremonie nur für Hartgesottene. Neptun selbst schüttet dem Mutigen eine große Kelle Eiswasser in den Hemdkragen. Spätestens jetzt ist ein Saunabesuch angesagt.
Um 11.45 Uhr läuft die MS Trollfjord in Honnigsvag ein. Hier bleiben exakt dreieinhalb Stunden Zeit für den Besuch am Nordkap. Die Hurtigrutenschiffe warten nicht auf zu spät zurückkehrende Passagiere.Von Honnigsvag aus bringt ein Bus die Landgänger an den vermeintlich nördlichsten Punkt Europas. Denn dieser liegt geografisch genau genommen nicht am Nordkap, sondern etwas westlicher am Kap Knivskellodden. Während der Fahrt durch die kahle Landschaft berichtet Anne Signe Jenssen vom Leben der Samen hier in der dünn besiedelten Provinz Finnmark, und sie erzählt von störrischen Rentieren, die im Sommer manchmal eine Straße blockieren, und kaum zu bewegen sind, sie wieder freizugeben. „Dann hilft nur eins“, meint die Reiseleiterin, „ein Lied singen“, und trällert munter los. Heute ist jedoch nicht mit Rentieren auf der Fahrbahn zu rechnen. Stattdessen fährt ein Schneepflug voraus und räumt den Weg für den Bus frei. Bei der Ankunft ist der Himmel pechschwarz. Heftiges Schneetreiben hat eingesetzt und schmälert die Aussicht auf ein scharfes Foto vom Nordkapglobus. Das 1978 errichtete Monument ist bei jedem Wetter ein begehrtes Motiv. Von den Schieferfelsen, die immerhin 307 m hoch aus dem Eismeer ragen, ist nicht viel zu sehen. Erst ein Film im Panoramakino in der Nordkaphalle gibt eine Vorstellung davon, wie beeindruckend dieser Landstrich zu verschiedenen Jahreszeiten aussieht – bei Tageslicht. In der Nordkaphalle befindet sich auch das nördlichste Postamt der Welt. Die Karten, die von dort verschickt werden, erhalten den begehrten Nordkapstempel: 71° 10' 21''.
Auf dem letzten Stück der Postschiffreise herrscht hoher Seegang. Bisher hielten die Felsen der zerklüfteten Küste die Wellen zurück. Jetzt ist das Schiff dem offenen Meer ausgeliefert. Es schaukelt kräftig hin und her. Noch tagelang wird die Passagiere ein leichtes Seemannsschwanken begleiten.
Am Nordkapglobus: Hoffnung auf ein scharfes Foto
Die MS Trollfjord hat indessen bereits gewendet, um erneut die 1 250 Seemeilen Richtung Süden zurückzulegen, bis nach Bergen. Gabriele Seger
Informationen:
Hundeschlittenstation: Villmarkssenter Tromsø, www.villmarkssenter.no
Motorschlittentouren: Barents Safari Kirkenes, www.barentsafari.no
Literatur: Michael Möbius, Annette Ster: Hurtigruten – Mit dem Postschiff
entlang der norwegischen Küste. Köln: Dumont 2005
Auskünfte: Hurtigruten GmbH, Kleine Johannisstraße 10, 20457 Hamburg,
Telefon 0 40/37 69 30, Fax: 0 40/3 61 77, Internet: www.hurtigruten.de
Leserkommentare
Um Artikel, Nachrichten oder Blogs kommentieren zu können, müssen Sie registriert sein. Sind sie bereits für den Newsletter oder den Stellenmarkt registriert, können Sie sich hier direkt anmelden.