ArchivDeutsches Ärzteblatt8/2008Embryo mit drei biologischen Eltern

AKTUELL: Akut

Embryo mit drei biologischen Eltern

Siegmund-Schultze, Nicola

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS Britische Forscher haben Embryonen erzeugt, die das Erbgut von drei Menschen enthalten: zwei Frauen und einem Mann. Ziel dieser Forschung sei es, Frauen mit erblichen Formen mitochondrialer Erkrankungen zu einem gesunden Kind zu verhelfen, begründen die Professoren Doug Turnbull und Patrick Chinnery (beide an der Universität von Newcastle) ihre Experimente.

Von Mitochondriopathien sind Schätzungen zufolge zwölf von 100 000 Menschen betroffen. Die klinische Symptomatik der circa 40 verschiedenen Krankheitsformen reicht von leichten bis zu schweren Verläufen mit Multiorganschäden bei Kindern. So beginnt zum Beispiel die Leber-Optikusatrophie (meist bilateral) im Allgemeinen in der zweiten oder dritten Lebensdekade und führt zu einer rasch fortschreitenden Sehminderung. Die hereditären Formen von Mitochondriopathien werden über die Mütter vererbt.

Die in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz verbotenen Experimente hatte die britische Aufsichtsbehörde HFEA (Human Fertilization and Embryology Authority) schon im Jahr 2005 genehmigt.

Vorkerne werden in enukleierte Eizellen übertragen
Bei den Experimenten sind das Erbgut einer Samenzelle und einer Eizelle – sie stammte von einer Frau mit Mitochondriopathie – kurz nach der Befruchtung im Vorkernstadium in die entkernte Eizelle einer gesunden Frau transferiert worden. Deren Genmaterial würde sich beim Kind nicht äußerlich ausprägen. Zehn Embryonen haben die Forscher auf diese Weise erzeugt, einer wurde genau auf Schäden analysiert. Die Entwicklung sei bis zum fünften Tag normal verlaufen, berichten die Wissenschaftler. Alle Embryonen sind am fünften Tag zerstört worden.

Schon in drei Jahren könnte diese Methode für In-vitro-Fertilisationen von Frauen mit Mitochondriopathien klinisch angewandt werden, sagte Chinnery der BBC. Derzeit ist es aber in Großbritannien verboten, solche Embryonen Patientinnen zu implantieren. Kritiker befürchten, beim Transfer von Vorkernen in enukleierte Eizellen könne das Erbgut gezielt manipuliert werden; auch sei das Risiko für Entwicklungsanomalien erhöht. Die Versuche an der Universität von Newcastle sind durch eine Anhörung im britischen Parlament an die Öffentlichkeit gelangt. Sie waren bei einer Konferenz über neuromuskuläre Erkrankungen am Medical Research Council Center vorgestellt worden. nsi

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote