ArchivDeutsches Ärzteblatt8/2008Frankreich: Museumsboom im Schatten des Eiffelturms

KULTUR

Frankreich: Museumsboom im Schatten des Eiffelturms

Traub, Uli

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Fotos: Uli Taub
Fotos: Uli Taub
Kunst in Paris ist mehr als der Louvre.

Wenn man über Kunst in Paris redet, meint man den Louvre, oder? Nie war diese Annahme so falsch wie heute, denn die Museumslandschaft der französischen Hauptstadt wird gerade völlig neu gestaltet.

Eine der neuen Sehenswürdigkeiten ist im Schatten des Eiffelturms entstanden. Das Museum der außereuropäischen Künste und Zivilisationen, das nach seiner Adresse kurz Quai Branly genannt wird, ist schon rein äußerlich ein Hingucker. Architekt Jean Nouvel, der Paris auch das Institut du Monde Arabe und die Fondation Cartier bescherte, hat in unmittelbarer Nähe der Seine einen vielgestaltigen Gebäudekomplex geschaffen, dessen 220 Meter langer Ausstellungstrakt sich schneckenförmig ausrollt und auf Stelzen einen Garten überspannt. Knallbunte, unterschiedlich große Kuben ragen wie bei einem Baukasten aus dem geschwungenen Riegel heraus.

Im Museum fühlt man sich wie in einem Schiffsrumpf. Der Besuch des nur schummrig beleuchteten Riesenraums gleicht einer Entdeckungs- und Zeitreise in die Kulturen Afrikas, Amerikas, Asiens und Ozeaniens. Die wenigsten der 3 500 Exponate verraten jedoch viel über sich. Erst mit einem Audioguide ausgerüstet kann man sich die geheimnisvolle Welt erschließen.

Das vertraute Paris holt einen aber schnell wieder ein. Wenige Meter vom Quai Branly entfernt reckt der Eiffelturm seine Spitze in den Himmel. Und gegenüber, am anderen Seine-Ufer, schmiegt sich das ausladende Palais de Chaillot an den Trocadéro-Hügel. In den Ostflügel der monumentalen Anlage ist die Cité de l’architecture eingezogen. Neben Wechselausstellungen zu aktuellen Themen und Retrospektiven namhafter Architekten kann man hier zu einer Zeitreise in die französische Baugeschichte aufbrechen, die bis ins zwölfte Jahrhundert zurückreicht.
Oase der Ruhe: Blick in den Garten des aufwendig restaurierten Petit Palais. Hier ist das alte Paris der Belle Époque noch ganz bei sich.
Oase der Ruhe: Blick in den Garten des aufwendig restaurierten Petit Palais. Hier ist das alte Paris der Belle Époque noch ganz bei sich.

Auf die Spur der neuen Museen begibt man sich am besten zu Fuß – auch wenn die geschätzten ein Dutzend Fußgängerampeln an der Place de la Concorde den Rhythmus auf dem Weg zu weiteren Schmuckstücken ein wenig stören. Auf der anderen Platzseite, am Eingang zu den Tuilerien, strahlen das Jeu de Paume, in dem ein Museum für Fotografie Quartier bezogen hat, und die Orangerie um die Wette. Hier gilt das Interesse den Seerosen von Claude Monet. Die monumentalen Wandgemälde, die der Künstler dem französischen Staat schenkte, können jetzt ihre Wirkung so entfalten, wie Monet es 1926 vorgesehen hatte. Auch die Jahrzehnte entfernten Glasdächer wurden wieder eingesetzt. Tageslicht erweckt die spätimpressionistische Malerei förmlich zum Leben.

Ohne etwas von der hektischen Betriebsamkeit der Großstadt mitzubekommen, flaniert man zur nächsten Attraktion, dem Museum der dekorativen Künste, das im herausgeputzten Rivoli-Flügel des Louvre seine Schätze ausbreitet. Besondere Anziehungspunkte sind die authentisch eingerichteten Räume bedeutender Persönlichkeiten. Hier würde sich niemand wundern, wenn die ehemaligen Bewohner die Kulisse beträten – etwa die Modeschöpferin Jeanne Lanvin oder die Kurtisane, die Zola zu „Nana“ inspiriert haben soll.

Die aktuellen In-Quartiere Bercy und Tolbiac sind durch eine neue Fußgängerbrücke verbunden. Sie führt geradewegs auf die vier Buch-Türme der neuen Nationalbibliothek zu. Auch hier wartet ein neues Museum auf den Kulturfreund, die Cinématèque franc¸aise, die Architekt Frank Gehry mit taumelnden Formen im Stadtraum platziert hat.
Uli Traub

Information: Office du Tourisme de Paris, 25, rue des Pyramides; F-75001 Paris, Internet: www.parisinfo.com

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