ArchivDeutsches Ärzteblatt13/2008Qualitätssicherung: Neue Richtlinie zu labormedizinischen Untersuchungen

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Qualitätssicherung: Neue Richtlinie zu labormedizinischen Untersuchungen

Brüggemann, Manfred

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Foto: Barbara Krobath
Foto: Barbara Krobath
Das Untersuchungsspektrum soll in ein homogenes Qualitätssicherungskonzept integriert werden.

Die neue Richtlinie der Bundesärztekammer (Rili-BÄK) zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen*, die zum 1. April 2008 in Kraft tritt, geht deutlich über die bisherigen Anforderungen hinaus. Diese konzentrierten sich in den vergangenen Jahren auf ein Verfahren zur regelmäßigen internen Qualitätskontrolle und zur Teilnahme an Ringversuchen.

Zwar ist ein wesentlicher Kern der Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen weiterhin die Analytik in engerem Sinne; dies wurde nun allerdings ergänzt um Anforderungen an die Präanalytik und die Postanalytik. Zudem wurde ein Überbau mit grundlegenden Anforderungen an labormedizinische Untersuchungen geschaffen. Unter diesem Dach sind in jeweils spezifischen Teilen besondere Anforderungen entsprechend den methodischen Erfordernissen in der labormedizinischen Diagnostik zu formulieren.

Mit der letzten großen Novelle des Medizinproduktegesetzes im Jahr 2002 wurde durch die Einführung des § 4 a in der Medizinproduktebetreiberverordnung eine neue Rechtsgrundlage für die Richtlinie der Bundesärztekammer geschaffen. Eine Arbeitsgruppe bei der Bundesärztekammer hatte die Aufgabe, das neue Gesamtkonzept einer umfassenden Qualitätssicherung bis hin zum Qualitätsmanagement für labormedizinische Untersuchungen zu erarbeiten. In einem mehrjährigen und mehrstufigen Beratungsprozess mit zwei umfassenden Anhörungsverfahren in den Jahren 2005 und 2006 wurde das Gesamtkonzept erarbeitet. Der Vorstand der Bundesärztekammer hat schließlich im November 2007 das Beratungsergebnis in Form der neuen „Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen“ beschlossen.

In einem grundlegenden allgemeinen Teil (Teil A) des neuen Konzepts werden Anforderungen an die Struktur, die notwendigen Ressourcen und ein Qualitätsmanagementsystem für labormedizinische Untersuchungen formuliert. Die Anforderungen gelten jedoch nicht nur für die „großen“ Laboratorien in Kliniken und bei Fachärzten für Laboratoriumsmedizin, sondern – in jeweils an die konkreten Verhältnisse angepasster Form – für alle Bereiche, in denen labormedizinische Untersuchungen durchgeführt werden.

Die bisherigen Erfahrungen bei den labormedizinischen Untersuchungen haben gezeigt, dass ein nicht zu vernachlässigendes Fehlerpotenzial schon vor der Durchführung der Analytik und auch bei der richtigen Zuordnung der Ergebnisse und deren Interpretation vorhanden ist. Deshalb ist das Labor in Zukunft verpflichtet, diese Bereiche zu regeln. Ein Labor kann aber die Präanalytik in den Fällen nicht unmittelbar beeinflussen, in denen ein Dritter Proben entnimmt und gegebenenfalls nach entsprechender Aufbereitung dem Labor zusendet. Allerdings wird festgeschrieben, dass vom Labor eine detaillierte Beschreibung der Anforderungen an die Probenentnahme, gegebenenfalls -aufbereitung und den Probentransport einschließlich einzuhaltender Zeiten erfolgt und diese dem Einsender zur Verfügung gestellt werden. Mängel bei Probenentnahme, -aufbereitung und -transport können künftig nicht mehr akzeptiert werden. Sobald die neue Richtlinie im Alltag umgesetzt ist, werden sich auch die Einsender vor Haftung bei zurückgewiesenen Untersuchungen nicht mehr schützen können, indem sie behaupten, sie hätten die Anforderungen an die Proben nicht gekannt. An diesem Punkt unterscheidet sich die neue Richtlinie von anderen Qualitäts-managementkonzepten für Laboruntersuchungen, wie sie in internationalen Normen ihren Niederschlag finden.

Das neue Richtlinienkonzept ist mit dem Stand der Zertifizierung von Gesundheitseinrichtungen, einschließlich des Akkreditierungssonderwegs für medizinische Laboratorien, insbesondere mit den Anforderungen an ein Qualitätsmanagement nach anderen gesetzlichen Vorschriften (SGB V, Transfusionsgesetz unter anderem) abgestimmt.

Spezifische Anforderungen werden in den speziellen Teilen B 1 und folgende geregelt. Der erste spezielle Teil B 1 richtet sich an die Laboratorien, die quantitative Untersuchungen durchführen, und ist somit eine Fortschreibung der bekannten Rili-BÄK. Hierbei handelt es sich um eine Aktualisierung und Weiterentwicklung der bisher bekannten Richtlinie.

Konkret ist ein vereinfachtes System der Bewertung der in der Regel zweimal täglich durchzuführenden Kontrollprobeneinzelmessungen entwickelt worden. Die Philosophie, mit einer Kontrolle das Analysesystem zu prüfen, bevor Patientenmessungen erfolgen, ist nunmehr konsequent umgesetzt. Die retrospektive Bewertung der Kontrollprobenmessungen dient darüber hinaus dem Zweck, Trends in der Verschiebung der Wertelage der Kontrollprobeneinzelmessungen aufzudecken. Damit soll festgestellt werden, ob der Fehler der Unpräzision oder der Unrichtigkeit geschuldet ist.

Regelmäßige interne Kontrollen vorgeschrieben
Bisher mussten drei Kontrollgrößen getrennt bewertet werden: die Messabweichung der Kontrollprobeneinzelmessung und die retrospektive Bewertung der zufälligen sowie der systematischen Messabweichung. Nun wird aber direkt die gesamte Messabweichung vom Zielwert sowohl für die Kontrollprobeneinzelmessung als auch im Mittel (das heißt retrospektiv) bewertet. Die neue Tabelle, die für eine ausgewählte Zahl von Analyten Grenzen vorgibt, enthält deshalb nur noch eine Spalte für die Bewertung der internen durchgeführten Kontrollmessungen. Eine weitere Spalte ist für die Bewertung der Ergebnisse von Messungen bei Ringversuchen vorgesehen.

Neu ist, in Bezug auf die Anforderungen an die Qualitätssicherung quantitativer labormedizinischer Untersuchungen, dass nunmehr auch für die Analyte, die nicht in der Tabelle aufgeführt sind, regelmäßige interne Kontrollen vorgeschrieben sind. Hierfür wird in der Richtlinie explizit vorgegeben, wie laborinterne Fehlergrenzen unter Berücksichtigung der vom Hersteller des Kontrollmaterials vorgegebenen Fehlergrenzen zu ermitteln sind.

Damit wird auch in Bezug auf die Qualitätssicherung quantitativer labormedizinischer Untersuchungen die seit Langem erhobene Forderung umgesetzt, nach Möglichkeit das gesamte Spektrum labormedizinischer Untersuchungen mittel- und langfristig in ein in sich homogenes Qualitätssicherungskonzept zu integrieren.

Dieser erste spezielle Teil der neuen Richtlinie enthält also modernisierte Anforderungen an die Qualitätssicherung quantitativer labormedizinischer Untersuchungen. Weitere spezielle Teile sind derzeit in Planung und werden folgen. Diese werden Anforderungen an die Qualitätssicherung qualitativer labormedizinischer Untersuchungen, Anforderungen an die Qualitätssicherung bei der Untersuchung von Krankheitserregern sowie an die Qualitätssicherung in der Spermatologie enthalten.

Doppelregulierungen vermeiden
Außerdem sind weitere Abschnitte, wie zum Beispiel für die genetische Labordiagnostik, in diese Planungen einbezogen. Hier müssen, wie auch bei den übrigen geplanten speziellen Teilen, allerdings Entwicklungen in anderen Rechtskreisen beachtet werden, um Redundanzen und insbesondere Doppelregulierungen zu vermeiden. Hier gilt die weiter oben dargelegte Notwendigkeit, die auf der Basis der Medizinproduktebetreiberverordnung formulierten Anforderungen an die Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen in den Kontext von Anforderungen an Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement in anderen Rechtskreisen zu stellen.

Zu beachten ist noch, dass eine großzügige Übergangszeit von zwei Jahren zur Anwendung der neuen Rili-BÄK eingeräumt ist, in welcher dann auch eine Anpassung des § 4 a Medizinproduktebetreiberverordnung erfolgt.
Manfred Brüggemann, Bundesärztekammer

Hinweis
Das Konzept zur Ermittlung laborinterner Fehlerprognosen ist ausführlich dargelegt in einem Beitrag von R. Macdonald (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) in J Lab Med 2006, 30, 111–7. Es wurde in ausführlichen Tests von mehr als 20 Laboratorien bundesweit erprobt und positiv aufgenommen.

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