SEITE EINS
Tötungsmaschine: Unerträgliche Selbstinszenierung


Gisela Klinkhammer
Chefin vom Dienst
Auf heftige Kritik stießen Kusch und sein makaberes Angebot unter anderem bei Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, dem Präsidenten der Ärztekammer Hamburg und Vizepräsidenten der Bundesärztekammer. „Wir brauchen keine Tötungsmaschine, sondern eine Sterbebegleitung und palliativmedizinische Betreuung, die den Menschen am Ende ihres Lebens Schmerzen und Ängste nehmen“, sagte Montgomery. Dass die Palliativmedizin in den 25 Jahren ihres Bestehens in Deutschland für einen Paradigmenwechsel in der Medizin gesorgt hat, verdeutlicht auch Prof. Dr. med. Raymond Voltz, Köln, in einem Beitrag in diesem Heft: „Nichtaufgeben von Patienten auch bei Fortschreiten der Erkrankung, radikale Orientierung an Patientenbedürfnissen, der Patient als Teil eines Beziehungssystems, der Arzt als Mitglied in einem multiprofessionellen Team, Rückbesinnung auf den Sinn von Handlungen, ja des Lebens überhaupt – das sind nur wenige Schlagworte.“ Dafür Sorge zu tragen, dass diese Entwicklung auch Nachhaltigkeit in Deutschland erlange, werde die Hauptaufgabe der kommenden 25 Jahre sein.
Zunehmende Bestrebungen, aktive Sterbehilfe zu legalisieren, könnten durch eine solche „unerträgliche Selbstinszenierung“, wie Montgomery Kuschs Aktivität zutreffend bezeichnete, bestärkt werden. Die Förderung der Palliativmedizin kann sicherlich dazu beitragen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung solchen Tendenzen eine Absage erteilt. Dass dies dringend nötig ist, zeigt das Beispiel Belgien. In dem Nachbarland, in dem aktive Sterbehilfe unter bestimmten Voraussetzungen bereits zulässig ist, wird nämlich zunehmend über eine weitere Liberalisierung des Sterbehilfegesetzes diskutiert. Nach Vorstellungen mehrerer Politiker sollen dort künftig auch unheilbar kranke Kinder und Demenzkranke auf Wunsch Unterstützung beim Sterben erhalten.
Ertel, Matthias
Leserkommentare
Um Artikel, Nachrichten oder Blogs kommentieren zu können, müssen Sie registriert sein. Sind sie bereits für den Newsletter oder den Stellenmarkt registriert, können Sie sich hier direkt anmelden.