POLITIK
2. Rheinland-Pfälzischer Ärztetag: Warnung vor dem großen Dammbruch


Kurt Beck, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und an Turbulenzen gewöhnter SPD-Bundesvorsitzender, kann Stimmungen doch noch ganz gut einschätzen. Dass die rund 200 Ärztinnen und Ärzte nicht zum Feiern in den großen Saal des Mainzer Schlosses gekommen waren, dürfte dem Landesvater spätestens bei seinem Begrüßungsapplaus klar geworden sein: höflich, aber doch recht dünn. Und unterschwellig signalisierte der zurückhaltende Beifall auch: Weder den Veranstaltern des 2. Rheinland-Pfälzischen Ärztetages, der Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), noch den Ärzten aus Praxis und Klinik war am bloßen Austausch von Floskeln und Nettigkeiten gelegen. Dafür ist die Situation, insbesondere der niedergelassenen Ärzte zu ernst. Sie fordern „echtes Geld für echte Leistungen“ und meinen damit die Umstellung der kassenärztlichen Gebührenordnung auf Eurobeträge zum 1. Januar 2009.
Die Hoffnungen
der Ärzte ruhen auf
der Honorarreform
2009 und auf festen
Eurobeträgen. Für
Frieder Hessenauer,
Präsident der Landesärztekammer
(l.), und Günter Gerhardt,
KV-Vorsitzender
in Rheinland-
Pfalz (r.), werden die
versprochenen drei
Milliarden Euro zusätzlich
zur Nagelprobe.
Kurt Beck
(Mitte) ist zuversichtlich,
dass das
Geld fließen wird.
Foto: KV RLP/Stefan Sämmer
KV-Chef Gerhardt wies in diesem Zusammenhang wiederholt und eindringlich auf die wachsende Zahl derjenigen Ärzte hin, die angesichts der anhaltenden Budgetierung und der verfallenden Honorare ihr Heil nur noch in einem Systemausstieg sehen. Zwar glaubt Gerhardt nicht, dass Selektivverträge zwischen einzelnen Arztgruppen und den Krankenkassen die Lösung sein können, aber in einem Punkt ist er sich sicher: „Wenn die Honorarreform 2009 mal wieder zum Rohrkrepierer oder zum Papiertiger wird, dann wird der Ärzteschaft gar nichts anderes mehr übrig bleiben als der Systemausstieg.“
Allerdings müsse die Forderung dann lauten: Wenn, dann alle und nicht nur ein Teil der Hausärzteschaft. Ein Rohrkrepierer wäre die Honorarreform dann, wenn die von der Politik zugesagten 2,5 bis drei Milliarden Euro zusätzlich nicht bereitgestellt würden. „Dann treten wir als KVen zur Seite“, prophezeite Gerhardt, „und begleiten den Systemausstieg mit Sympathie. In einem solchen Fall hätten die KVen allerdings auch kaum mehr Argumente gegen eine Abkehr von den ärztlichen Körperschaften.
Kurt Beck dürfte dies und die vielen weiteren mahnenden Worte verstanden haben. Er aber sei zuversichtlich, dass die drei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt würden, versicherte der SPD-Politiker. „Ich sehe dagegen keinen ernsthaften politischen Widerstand.“ Immerhin, so Beck weiter, entsprächen die drei Milliarden einer durchschnittlichen Honorarsteigerung von zehn Prozent. Günter Gerhardt hielt dem unter dem Beifall der Ärzte entgegen: „Das kann aber nur ein Anfang sein, denn wir haben in den letzten Jahren durch die Budgetierung Honorarverluste von 30 Prozent zu verzeichnen.“
Auf die Frage, wie denn künftig der finanzielle Mehrbedarf bedient werden könne, plädierte der SPD-Bundesvorsitzende für einen wachsenden Steueranteil an der Finanzierung des Gesundheitswesens. Damit würden die Lasten gerechter verteilt.
Josef Maus
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