MEDIZIN: Editorial
Sinnvoller Einsatz von Robotern in der Neurorehabilitation – Fiktion oder Realität
The Rational Use of Robots in Neurorehabilitation – Fact or Fiction?


Seit einigen Jahren gibt es neue Entwicklungen. Die Neuroplastizität des Gehirns konnte vor allem mit den Methoden der longitudinalen funktionellen Kernspintomografie (fMRT) und der transkraniellen Magnetstimulation nachgewiesen werden. Unter anderem hierdurch hat sich eine Rehabilitationsforschung entwickelt, die sich gezielt mit der Entwicklung neuer und effizienterer Therapieformen beschäftigt, sowie mit der Entwicklung von Robotern und Geräten zur Unterstützung und Durchführung von Rehabilitationsverfahren. Neben anderen Bereichen erfahren gerade auch mobilitätsorientierte Behandlungsformen wie die Physiotherapie dadurch eine wissenschaftliche Untermauerung. Solche neuen Therapieansätze oder -verfahren im Bereich der Mobilitätsverbesserung sind zum Beispiel aufgabenzentrierte, repetitive Techniken und/oder apparative Methoden wie Laufbandtraining mit Körpergewichtsentlastung, Übungen mit motorgetriebenen Fahrrädern, Balancetraining mit visuellem Feedback, Therapie mit Hand-Arm-Trainern und Anwendung virtueller Umgebungen.
Die traditionellen wie auch die eben genannten neuen Therapieverfahren werden immer häufiger hinsichtlich ihrer Effizienz und im Vergleich miteinander evaluiert. Dabei zeigt sich manchmal eine Gleichwertigkeit, manchmal die Überlegenheit der einen oder anderen Technik.
Dank dieser Entwicklung ist der Einsatz von apparativen Hilfsmitteln immer weniger tabuisiert. Hilfsmittel halten zunehmend Einzug in den Alltag. Es ist hoch wahrscheinlich, dass der individuell geplante und differenzierte Einsatz verschiedener Methoden beziehungsweise die sinnvolle Kombination mehrerer Techniken zu einem stärkeren funktionellen Gewinn für den Patienten gerade auch bei alltagsrelevanten Aktivitäten und damit zu einer effizienteren Rehabilitation führen wird. Die Entwicklung weiterer, immer besserer Apparate und deren differenzierter und integrierter Einsatz werden die Neurorehabilitation auf mittlere Sicht verbessern und die Effizienz erhöhen, was ja gerade im Augenblick wegen der Ressourcenverknappung im Gesundheits- und speziell im Rehabilitationswesen von großer Bedeutung ist. Eine Erhöhung der Effizienz durch apparative Therapieformen kann zu einer Verbesserung der Neurorehabilitation ohne steigende Ausgaben oder zu einer Wahrung der Qualität trotz einer Absenkung der Pflegesätze oder Einführung von Fallpauschalen beitragen. Apparative Therapieformen, darauf weisen auch Hesse et al. in ihrem Artikel hin, ersetzen nicht die Therapie durch die Therapeuten. Die menschliche Interaktion zwischen dem Patienten und dem Therapeuten ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie und ihres Erfolgs. Die Therapie durch Therapeuten kann durch apparative Therapieformen sinnvoll und effizient ergänzt werden, sodass der Therapeut seine Interventionen gezielter und bei mehr Patienten zum Einsatz bringen kann.
Die systematische Literaturrecherche von Hesse und Mitarbeitern liefert uns wertvolle Informationen und eine Übersicht über den Stand der Entwicklung gerätegestützter Rehabilitationsmethoden. Die Ergebnisse der ausgewerteten Studien belegen, dass gerätegestützte Verfahren zur Verbesserung des Gehens und der Armfunktion die konventionellen Therapieformen ergänzen, bereichern und zum Teil ersetzen können. Wir stehen erst am Anfang einer vielversprechenden Entwicklung, insbesondere deshalb, weil sich zunehmend auch Privatfirmen und anwendungsorientierte Institute der Ingenieurswissenschaften mit dieser Thematik beschäftigen.
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht 6. 2. 2008, revidierte Fassung angenommen 6. 2. 2008
The Rational Use of Robots in Neurorehabilitation – Fact or Fiction?
Anschrift des Verfassers
Prof. Dr. Harald Masur, Edith-Stein-Fachklinik
Am Wonneberg, 76887 Bad Bergzabern, E-Mail: h.masur@reha-bza.de
Dtsch Arztebl 2008; 105(18): 329
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0329
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
Edith-Stein-Fachklinik Bad Bergzabern: Prof. Dr. med. Masur
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