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Privatisierung von Universitätskliniken: Keine tragfähige Lösung


Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik in Berlin
Eine Befragung von 31 der 32 deutschen Unikliniken durch den VUD von Anfang dieses Jahres belegt die Gefährdung der Hochschulmedizin durch die Gesundheitspolitik von Bund und Ländern. Dabei zeigt sie eine Ursachen-Trias: die strikte Budgetierung der Krankenhausausgaben trotz steigender Preise, mangelnde Investitionen der Länder sowie die Tarifsteigerungen im ärztlichen Dienst. So habe der Tarifvertrag für Ärzte an Universitätsklinika aus dem Jahr 2006 zwischen 15 und 18 Prozent Mehrkosten verursacht, erklärt VUD-Generalsekretär Rüdiger Strehl. Die Angemessenheit des Tarifabschlusses bezweifeln die Kliniken dabei nicht. Allerdings sehen sie sich nicht in der Lage, diese Kosten durch die gedeckelten Krankenhausentgelte zu refinanzieren. Weitere Kritik des Verbandes erntet das Tarifchaos, das durch unterschiedliche Verträge Mediziner benachteiligt, die in der Forschung tätig sind.
Die jüngste Erhebung des VUD zeigt aber auch: Zwei Drittel der Universitätskliniken haben die Umstellung auf das DRG-System gut bewältigt. Jede vierte Klinik konnte im vergangenen Jahr sogar einen Jahresüberschuss erzielen. Dabei handele es sich durchweg um Kliniken, die auf eine gute Investitionspolitik ihrer Länder bauen könnten, erläutert Strehl. „Investitionen für die Hochschulmedizin müssen in Hinblick auf die besonderen Aufgaben der Universitätsklinika erfolgen. Forschung, Lehre und Krankenversorgung können nicht auseinanderdividiert werden“, betont auch der Vorsitzende des VUD, Prof. Dr. med. Rüdiger Siewert. Seine Forderung: Die Investitionsquote sollte verlässlich auf zwölf Prozent angehoben werden. Für den Großteil der Krankenhäuser liege sie heute jedoch nur bei fünf Prozent.
Angesichts des Ausstiegs des Bundes aus der Hochschulbauförderung (Föderalismusreform I) und ständig klammer Länderkassen wird dies künftig nur schwer zu realisieren sein. Gefragt sind deshalb auch eigene Initiativen und Investitionen der Universitätskliniken. Das Uniklinikum Heidelberg finanziert beispielsweise ein neues Therapiezentrum über ein Darlehen hälftig selbst. Andere Kliniken planen Umstrukturierungen, eine Neuorganisation des Einkaufs, eine Konzentration der Labore oder eine Verkleinerung der Betriebsflächen. Hilfreich kann aber auch die Entwicklung von neuen Arbeitszeitmodellen sein, die Medizinern gute Aufstiegschancen bieten und als Wettbewerbsvorteil genutzt werden können.
Ein anderer – vorerst sogar einfacherer – Weg wäre es natürlich, die fehlenden öffentlichen Mittel durch Privatkapital zu ersetzen und das Universitätsklinikum an einen privaten Investor zu verkaufen, so wie das Klinikum Gießen-Marburg an den Klinikkonzern Rhön. Private Betreiber haben die Möglichkeit, über den Kapitalmarkt Geld für Investitionen zu beschaffen und diese rasch zu tätigen. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden: Alle privaten Träger sind auf Rendite orientiert. Alle Investitionen müssen sich rentieren, das heißt über kurz oder lang durch gedrückte Kosten oder gesteigerte Umsätze erwirtschaftet werden. Lehre und Grundlagenforschung drohen dabei, zu Stiefkindern zu werden.
Die Versorgung von schwerstkranken Patienten, Forschung und Lehre sind öffentliche Aufgaben. Privatisierungen von Universitätsklinika sind keine Alternative zu einer verlässlichen öffentlichen Finanzierung. Sie verschieben die Probleme lediglich in die Zukunft.