ArchivDeutsches Ärzteblatt21/2008Randnotiz: Sterben als Kunst?
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LNSLNS Der Künstler Gregor Schneider plant, einen Menschen in der Sterbephase auszustellen. „Ich wünsche mir, dass wir alle es schaffen, den Tod aus diesem gesellschaftlichen Tabu herauszureißen, damit wir ihn irgendwann feiern können, wie die Geburt eines Kindes. Und dafür brauchen wir Räume“, begründet Schneider sein Vorhaben. In einem Interview sagte er: „Die Realität des Sterbens in Kliniken, Intensivstationen und Operationssälen ist grausam, das ist der Skandal.“

Der 39-jährige Mönchengladbacher ist bekannt für seine umstrittenen Werke. Im Jahr 2001 gewann er auf der Biennale in Venedig den Goldenen Löwen für das „Tote Haus ur“. Auf der Biennale 2005 wollte er einen Kubus im Stil der Kaaba ausstellen, was ihm versagt wurde, später wurde das Werk in Hamburg aufgebaut. Mit seinem neuesten Projekt will er „den Schrecken vor dem Tod nehmen“. Doch ist das in der geplanten Weise überhaupt möglich? Der Münchener Palliativmediziner Prof. Dr. med. Gian Domenico Borasio ist da skeptisch: „Ein Mensch stirbt in der Regel dann gut, wenn er in einem Beziehungsgeflecht aufgefangen ist – von seiner Familie, von Menschen, die sich um ihn kümmern. Wenn er den Eindruck hat, geborgen zu sein. Kann man sich in einem Museumsraum, so ästhetisch wertvoll er eingerichtet sein mag, geborgen fühlen? Ich weiß es nicht.“

Künstlerische Freiheit ist wichtig. So sollte Kunst auch Missfallen erregen und provozieren dürfen. Das Sterben eines Menschen auszustellen, hat mit Kunst jedoch nichts zu tun. Und ob der guten Absicht, den Tod auf diese Weise zu enttabuisieren, wirklich gedient ist, darf ebenfalls bezweifelt werden.

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