ArchivDeutsches Ärzteblatt25/2008Hausarztvertrag in Baden-Württemberg: Wegbereiter für E-Card

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Hausarztvertrag in Baden-Württemberg: Wegbereiter für E-Card

Rabbata, Samir

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Der neue Hausarztvertrag sieht vor, dass Patientendaten zentral gespeichert werden sollen. Die Bundesärztekammer hat Bedenken wegen der Sicherheit.

Wenn es um die elektronische Gesundheitskarte geht, gibt es für Dr. med. Werner Baumgärtner kein Halten mehr: „Wir wollen, dass die Patientendaten dezentral auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden, und wir wollen weg von der Serverlösung.“ Das sagte der Medi-Chef beim 11. Baden-Württembergischen Ärztetag im vergangenen Jahr.

Zwar kritisiert Baumgärtner auch heute noch die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGk). Doch scheint er mittlerweile damit leben zu können, dass Patientendaten in elektronischer Form zentral abgelegt werden. Denn das ist Bestandteil des jüngst in Baden-Württemberg zwischen AOK, Medi und dem dortigen Hausärzteverband geschlossenen Hausarztvertrags, der zum 1. Juli 2008 in Kraft treten soll (DÄ, Heft 20/2008). Zudem ist das EDV-Konzept mit den IT-Lösungen der für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zuständigen Betriebsorganisation Gematik kompatibel. Insofern kann der Hausarztvertrag in Baden-Württemberg dabei helfen, der Gesundheitskarte den Weg zu bereiten.

So geht das IT-Konzept in Teilen über die Anfangsfunktionen der geplanten eGk hinaus. Konkret sind die am Hausarztvertrag teilnehmenden Ärzte verpflichtet, eine einheitliche Software zu verwenden. Sie unterstützt diese bei der Einschreibung und Verwaltung der an dem Programm teilnehmenden Versicherten. Auch die Vergütungspositionen werden über die Software abgerechnet. Zudem werden den Ärzten günstige Verordnungsvorschläge für Medikamente gemacht.

Kritik an Internetverbindung
Darüber hinaus ist eine elektronische Gesundheitsakte für die Patienten vorgesehen. Die Daten werden in Großrechenzentren zentral abgelegt – eines steht in Frankfurt am Main, ein anderes in Karlsruhe. Patienten können sich über eine gesicherte Internetverbindung in ihre Akte einloggen. Ärzte benötigen dafür von ihren Patienten eine PIN-Nummer. Der Vorsitzende des baden-württembergischen Hausärzteverbandes, Dr. med. Berthold Dietsche, betont, dass die Gesundheitsakte nichts mit der im Rahmen der eGk geplanten elektronischen Patientenakte zu tun hat. Denn ausschließlich die Patienten hätten Zugriff auf ihre Daten.

Der Vorsitzende des Ausschusses Telematik der Bundesärztekammer, Dr. med. Franz-Joseph Bartmann, kritisiert die geplante Verbindung über das Internet. Er findet es verwunderlich, wie man einerseits gegen die elektronische Gesundheitskarte sein kann und andererseits eine zentrale Serverlösung akzeptiert, deren „Sicherheitsstandards weit unter denen liegen, die bei kollektivvertraglichen Lösungen zwischen Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen gelten“. Als problematisch bewertet er zudem, dass Gesundheitsdaten auf externen Servern der Industrie gespeichert werden. Bereits im März dieses Jahres warnte der Telematik-Experte vor einer „Kommerzialisierung elektronischer Patientendaten“. Anlass für seine Äußerungen war die Markteinführung der Online-Patientenakte „Google Health“ in den USA. Gerüchteweise plant Google, anonymisierte Patientendaten an Dritte weiterzuverkaufen.

Dies soll mit den Daten der am AOK-Vertrag teilnehmenden Patienten nicht passieren. Die „HÄVG Software GmbH“, hervorgegangen aus einem Joint Venture zwischen der Waldorfer Intercomponentware AG (ICW) und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft, wird die IT-Lösung aller Voraussicht nach umsetzen. ICW-Sprecher Dirk Schumann räumt ein: „Das Angebot von Google Health ist das Äquivalent zu unserem Angebot.“ Allerdings biete Google seine Akte kostenfrei an. Das Unternehmen müsse folglich an anderer Stelle die Gelder wieder einspielen. Anders ICW: „Bei uns haben die Patienten die Sicherheit, dass die Daten nicht weiterverkauft werden, dafür kostet die Gesundheitsakte aber auch etwas.“ Die Kosten trägt die AOK für ihre am Vertrag teilnehmenden Versicherten. Einblick in die Daten erhalte die Kasse nach Angaben der ICW jedoch nicht. Trotz Kritik am Sicherheitskonzept sieht Bartmann auch Vorzüge des IT-Vorstoßes in Baden-Württemberg. Die Ärzte könnten Vorteile der Telematik praktisch erfahren.
Samir Rabbata

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