ArchivDeutsches Ärzteblatt25/2008Hormonsensitives Mammakarzinom: Aromatasehemmer senkt Rezidivrisiko

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Hormonsensitives Mammakarzinom: Aromatasehemmer senkt Rezidivrisiko

Filip, Karl B.

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Um das Wachstum aufzuhalten, werden Aromatasehemmer eingesetzt. Sie blockieren das Enzym Aromatase, das männliche Hormone, wie Androgene, in Östrogene umwandelt. Dem Tumor wird so sein Wachstumsimpuls entzogen. Abbildung: Astra-Zeneca
Um das Wachstum aufzuhalten, werden Aromatasehemmer eingesetzt. Sie blockieren das Enzym Aromatase, das männliche Hormone, wie Androgene, in Östrogene umwandelt. Dem Tumor wird so sein Wachstumsimpuls entzogen. Abbildung: Astra-Zeneca
Adjuvante endokrine Therapie: Die ATAC-Studie zeigt eine Überlegenheit von Anastrozol gegenüber Tamoxifen bei postmenopausalen Frauen.

Postmenopausale Frauen mit hormonsensitivem Mammakarzinom profitieren substanziell von der adjuvanten endokrinen Therapie mit dem Aromatasehemmer Anastrozol. Wird der Wirkstoff anstatt des bisherigen Therapiestandards Tamoxifen direkt nach Abschluss der Primärtherapie eingesetzt, geht das Rezidivrisiko signifikant um 24 Prozent zurück. „Zudem verlängert sich die krankheitsfreie Überlebenszeit um 15 Prozent“, sagte Prof. Wolfgang Distler (Dresden) in Berlin. Unter der adjuvanten Behandlung mit Anastrozol (Arimidex®) verlängerte sich auch die Zeitspanne, bis Fernmetastasen und kontralaterale Tumoren auftreten.

Diese Resultate stammen aus der ATAC-Studie (Anastrozol, Tamoxifen Alone or in Combination), eine der weltweit größten Brustkrebsstudien. Daran haben 9 366 postmenopausale Frauen mit hormonrezeptorpositivem operablem invasivem Mammakarzinom teilgenommen. Mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 100 Monaten war die Dauer der ATAC-Studie fast doppelt so lang wie alle anderen Untersuchungen zur adjuvanten Therapie mit Aromatasehemmern.

Nach dem Studiendesign erhielten die Patientinnen postoperativ entweder andere Standardtherapien (Chemotherapie und/oder Bestrahlung) oder nicht. Danach wurden sie randomisiert, um entweder täglich 1 mg Anastrozol, 20 mg Tamoxifen oder beide Wirkstoffe zu erhalten Die Behandlung wurde über fünf Jahre oder bis zu Progression oder Tod fortgesetzt.

Vollständige Behandlungsanalysen wurden erstmals 2004 beim San Antonio Breast Cancer Meeting präsentiert. Schon damals (nach einer Nachbeobachtungszeit von 68 Monaten) zeigten die Daten eine deutliche Überlegenheit von Anastrozol gegenüber Tamoxifen. Die Kombinationstherapie wurde daher gestoppt.

Die 100-Monatsdaten (Lancet Oncol 2008; 9: 45–53) ergaben schließlich eine signifikante Reduktion des Rezidivrisikos um 24 Prozent (HR 0,76 [0,67–0,87]; p = 0,0001) sowie eine signifikante Verlängerung der krankheitsfreien Überlebenszeit um 15 Prozent (HR 0,85 [0,76–0,94]; p = 0,003). Anastrozol bewirkte zudem eine absolute, sogar noch weiter zunehmende Reduktion des Rezidivrisikos, eine signifikante Reduktion des Auftretens von Fernmetastasen um 16 Prozent (HR 0,84 [0,72–0,97]; p = 0,022) und der Entwicklung kontralateraler Mammakarzinome um 40 Prozent (OR 0,60 [0,42–0,85]; p = 0,004). Anscheinend besitzt Anastrozol einen starken Effekt, der das Therapieende überdauert.

Die überlegene Wirksamkeit wird nicht durch eine schlechtere Verträglichkeit erkauft. Schwere Nebeneffekte waren nach dem Behandlungsende selten, in beiden Armen vergleichbar, und neue schwere Nebenwirkungen blieben aus. Allerdings kam es unter Anastrozol zunächst signifikant häufiger zu Frakturen, doch sie glichen sich nach Ende der Therapie in beiden Armen an. Endometriumkarzinome waren während und nach Anastrozol-Gabe signifikant seltener als unter Tamoxifen.

Trotz all dieser Vorteile konnte die Analyse bislang keinen signifikanten Überlebensvorteil nachweisen. Dafür scheint es mehrere Gründe zu geben. Insgesamt ist „erst“ ein Fünftel der Studienteilnehmerinnen verstorben. Hierbei waren nahezu die Hälfte der Todesfälle nicht auf den Brustkrebs zurückzuführen. Ein längeres Follow-up muss daher noch abgewartet werden.

Die aktuellen ATAC-Daten wurden von der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologischer Onkologen in ihren aktualisierten Leitlinien berücksichtigt, berichtete Prof. Jörn Hilfrich (Hannover) in Berlin. Jetzt besitzt die adjuvante Upfront-Therapie des hormonsensitiven postmenopausalen Mammakarzinoms mit dem Aromatasehemmer Anastrozol den höchsten Empfehlungsgrad (++).
Karl B. Filip

Pressekonferenz „Endokrine Therapie des Mammakarzinoms im Jahr 2008“ im Rahmen des 28. Deutschen Krebskongresses in Berlin, Veranstalter: Astrazeneca Onkologie

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