ArchivDeutsches Ärzteblatt27/2008Arztnummer/Betriebsstättenummer: Für immer durchnummeriert

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Arztnummer/Betriebsstättenummer: Für immer durchnummeriert

Rieser, Sabine

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LNSLNS Vom 1. Juli an müssen Ärzte und Psychologen bei Verordnungen und Abrechnungen neue Identifikationsnummern verwenden. Wieder mehr Bürokratie, finden manche. Andere verweisen auf den Schutz für korrekt abrechnende Kollegen.

Lebenslänglich – das soll in Zukunft für jeden Arzt und jeden Psychologischen Psychotherapeuten gelten. Und zwar insofern, als ihm vom 1. Juli an bestimmte Codes zugeordnet werden, mithilfe derer sein ganzes Berufsleben lang eindeutig festzustellen sein wird, welche Leistung er wo erbracht hat, egal, ob er in seiner Hauptpraxis oder einer Zweigstelle Patienten versorgt, ob er im Rahmen einer Ermächtigung in der Krankenhausambulanz behandelt oder angestellt in einem Medizinischen Versorgungszentrum.

Die neuen Codes sind eine Folge des Vertragsarztrechtänderungsgesetzes. Es räumt Ärzten und Psychologen mehr Freiheiten bei der Berufsausübung ein. Gleichzeitig wird es schwieriger für Kassenärztliche Vereinigungen (KVen), angesichts der neuen Flexibilität zu überprüfen, ob Qualitätsanforderungen eingehalten werden oder Abrechnungen korrekt sind.

In Zukunft soll mithilfe des neuen Nummernsystems Klarheit herrschen. Zwei Hauptnummern sind besonders wichtig: die Betriebsstättennummer und die lebenslange Arztnummer. Letztere besteht für jeden Arzt oder Psychotherapeuten aus einer individuellen Ziffernkombination. Die muss er nun bei jeder Leistung und jeder Verordnung angeben. Mit der Betriebsstättennummer wird die Praxis identifiziert und damit der Arbeitsort aller freiberuflichen und angestellten Ärzte und Psychologen, die dort tätig sind.

Für viele nur eine Kleinigkeit
Über Details haben die KVen in den letzten Wochen informiert. So gibt es beispielsweise Nebennummern für Ärzte, die am Mammografie-Screening teilnehmen. Berufsausübungsgemeinschaften müssen sich auf einen Hauptsitz einigen und ihn mindestens zwei Jahre beibehalten.

Insgesamt sei die Masse der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten von dieser Neueinführung wenig betroffen, heißt es bei der KV Baden-Württemberg. Dies gelte vor allem für Einzelpraxen, die an einem Ort geführt werden. Ähnlich sieht man es bei in Westfalen-Lippe: „Die KV wird diese Nummernumstellung größtenteils automatisch vollziehen, sodass etwa 95 Prozent der Vertragsärzte und -psychotherapeuten die Änderungen bei der Abrechnung von Leistungen kaum spüren werden“, lautet es dort.

Allerdings: Bei Verordnungen könne es zu Ärger kommen, so die KV Westfalen-Lippe. Denn nach den neuen Regeln müssen in Zukunft in Gemeinschaftspraxen Rezepte jeweils einem Arzt zugeordnet werden, auch wenn mehrere einen Patienten betreut haben. Auswirkungen auf Wirtschaftlichkeitsprüfungen seien möglich. Beide KVen hatten gemeinsam mit drei weiteren versucht, das neue Nummernsystem zu stoppen.

Die Baden-Württemberger hatten sich nicht zuletzt dagegen gewehrt, die neue Kennzeichnungspflicht auch auf fachgruppengleiche Praxen auszuweiten. Der dortige Landesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Dr. med. Berthold Dietsche, hatte in einem Zeitungsinterview erläutert: „Bisher gab es gegenüber der KV eine gemeinsame Abrechnung. Mit den beiden Nummern kann jeder nachvollziehen, wer was in der Praxis erbracht und abgerechnet hat.“

Das könnte wohl vor allem ungünstig für Ärzte ausgehen, die nur noch wenige Stunden tätig sind, zum Beispiel weil sie ihren Nachfolger einarbeiten. Bislang war das nicht zu erkennen. In Zukunft wird es auffallen und möglicherweise dazu führen, dass der Zulassungsumfang gekürzt wird.

Der KBV-Vorstandsvorsitzende, Dr. med. Andreas Köhler, hat die neuen Codes allerdings verteidigt. Die flexibleren Arbeitsmöglichkeiten machten es notwendig, Abrechnungen in unterschiedlichen KVen korrekt zuzuordnen, betonte er kürzlich in einem Interview. Die neuen Ziffern stellten „letztlich auch einen Schutz für die korrekt abrechnenden Ärzte dar“.

Köhler wies zudem darauf hin, dass es bei der Kennzeichnung von Verordnungen eine gewisse Verbesserung gebe: Die Kassen würden nun sowohl bei Verordnungen in fachgruppenübergreifenden wie in fachgruppengleichen Praxen die Unterschrift jedes Praxispartners akzeptieren. Zeitliche oder räumliche Tätigkeitsprofile anzulegen, wie manche befürchten, sei im Übrigen nicht geplant.
Sabine Rieser

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