ArchivDeutsches Ärzteblatt28-29/2008Alzheimer-Wirkstoff versagt
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LNSLNS Der US-Hersteller Myriad hat die klinische Entwicklung eines der vielversprechendsten Medikamente gegen Morbus Alzheimer eingestellt. Der Wirkstoff Tarenflurbil, ein nicht steroidales Antiphlogistikum, hatte in einer Phase-III-Studie enttäuscht. Unter dem Präparatenamen Flurizan® sollte Tarenflurbil das erste Medikament sein, das gezielt in die Pathogenese der Alzheimer-Demenz eingreift. Den Ansatz hatten kürzlich Grundlagenforscher in „Nature“ (2008; 453: 925–9) beschrieben.

Danach ändert das Molekül die Konformation des Amyloid-Precursor-Proteins in einer Weise, die einen Abbau zu Abeta42 verhindert. Abeta42 ist ein wesentlicher Bestandteil der Alzheimer-Plaques. Unter Tarenflurbil sollte es dagegen zu einem bevorzugten Abbau zu Abeta38 kommen, das von den Nervenzellen weiter verstoffwechselt werden kann.

Allerdings waren schon die Ergebnisse der kürzlich in „Lancet Neurology“ (2008; 7: 483–93) veröffentlichten Phase-II-Studie eine Enttäuschung. Es handelte sich um eine Dosisfindungsstudie, an der 210 in Gemeinschaft lebende Patienten teilnahmen. Doch selbst in der höchsten Dosierung (800 mg/die) war eine Wirkung allenfalls auf die allmähliche Verschlechterung in den Aktivitäten des täglichen Lebens und in der Globalfunktion zu erahnen. Ein signifikanter Einfluss auf die Ergebnisse in den kognitiven Tests bestand indes nicht.

Herbe Enttäuschung
Die Hoffnungen ruhten nun auf den Ergebnissen der Phase-III-Studie, an der in 131 Zentren 1 684 Patienten mit mildem Morbus Alzheimer teilgenommen hatten. Sie waren über 18 Monate mit Tarenflurbil oder mit Placebo behandelt worden. Die Pressemitteilung des Herstellers macht keinerlei Angaben zu den Wirkungen. US-Medien wollen jedoch erfahren haben, dass das Medikament an der fehlenden Wirkung und nicht etwa an einer gesteigerten Toxizität gescheitert sei.

Eine herbe Enttäuschung sind die Ergebnisse auch für den dänischen Hersteller Lundbeck, der erst im Mai für 100 Millionen US-Dollar die Vermarktungsrechte in Europa erworben hatte, die jetzt wertlos geworden sind.

Zunächst wollte der Hersteller Tarenflurbil als Medikament gegen Prostatakrebs einführen. Das Molekül greift nämlich in die Regulierung von Transkriptionsfaktoren ein, die sowohl bei Entzündungsreaktionen als auch bei Krebserkrankungen eine Rolle spielen. Doch die Erwartungen in dieser Indikation hatten sich offenbar nicht erfüllt. Rüdiger Meyer

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