POLITIK: Kommentar
Clopidogrel: Alles klar, oder?


Dr. med. Till C. Spiro
Genau dies hat der G-BA bei seiner Entscheidung über einen Verordnungsausschluss von Clopidogrel als Monotherapie zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei Patienten mit Herzinfarkt, ischämischem Schlaganfall oder nachgewiesener peripherer arterieller Verschlusskrankheit getan, und er hat das mit der wünschenswerten Eindeutigkeit getan, nachdem ein Vergleich des teuren Clopidogrels mit der preiswerten Acetylsalicylsäure zur Feststellung der Unwirtschaftlichkeit und der fehlenden medizinischen Notwendigkeit einer Verordnung des neuen Präparats geführt hatte.
Der insofern transparente und leicht verständliche Beschluss des G-BA wurde erstaunlicherweise im Rahmen des normalen Prüfverfahrens vom Bundesministerium für Gesundheit gerügt. Zwar spricht das ministerielle Schreiben von einer Nichtbeanstandung, verbindet diese aber (Achtung: Wir bewegen uns hier in Grenzbereichen der Semantik) mit einer Auflage. Der zufolge ist in den Richtlinientext eine „Klarstellung“ aufzunehmen, dass sich der Ausschluss der Monotherapie beim Anwendungsgebiet „Prävention atherothrombotischer Ereignisse mit akutem Koronarsyndrom“ nicht auf eine Kombinationstherapie von Clopidogrel und Acetylsalicylsäure bezieht.
Das Ministerium begründet seine Auflage mit der Feststellung, der Leistungsausschluss stütze sich nur auf eine Nutzenbewertung der Monotherapie mit Clopidogrel, während diejenige für verwandte Anwendungsgebiete noch ausstehe. „So ist es“, möchte man dem Verfasser des Briefs zurufen, „deshalb wird die Kombinationstherapie in der Richtlinie des G-BA auch nicht erwähnt!“, und hinzufügen, dass sich der G-BA bei seiner klaren Formulierung vom Bild des mündigen, verständigen Bürgers leiten ließ und deshalb dem ministeriellen Redundanzbegehren nicht nachgeben konnte (wodurch die historische Bedeutung der letzten G-BA-Sitzung vor der anstehenden Strukturreform noch eine kleine Steigerung erfuhr).
Was wird nun folgen? Wenn deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen zu tun, wird die Rechtsaufsicht nicht ruhen, bis ihre Forderung nach der – mutmaßlich pharmagetriggerten – Aufblähung der beanstandeten Richtlinie in irgendeiner Form umgesetzt wurde. Sollte damit dann ein Präjudiz geschaffen worden sein, ist eine drastische Zunahme des Umfangs künftiger Rechtsnormen programmiert: Denn dass ein mal eins gleich eins ist, dies aber nicht für zwei mal eins gilt, kann man immer vermerken.
Dr. med. Till C. Spiro
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