EDITORIAL
Gesundheitsberichterstattung zur Psychotherapeutischen Versorgung: Es bleibt noch viel zu tun


Das war’s aber auch schon mit dem Lob, die Kritik ist naturgemäß immer umfassender. Mit Ausnahme der stationären Kinder- und Jugendpsychiatrie zeigt sich ein „eklatantes“ West-Ost-Gefälle in der Versorgungsdichte, ebenso ein deutliches Stadt-Land-Gefälle. Weniger bekannt ist vielleicht der Nord-Süd-Unterschied: In Baden-Württemberg, Bayern und Hessen findet man fast doppelt so viele Psychotherapeuten wie in den nördlichen Bundesländern. All das gibt mehr als Anlass, die Bedarfsplanung zu überarbeiten.
Medizinische Versorgungszentren und integrierte Versorgung (IV) spielen bislang keine große Rolle, obwohl psychische Erkrankungen eigentlich für IV prädestiniert sind. 78 IV-Verträge für diese Gruppe von insgesamt 5 000 gibt es derzeit. Die Gruppenpsychotherapie konnte sich trotz nachgewiesener guter Wirksamkeit und Effizienz im ambulanten Bereich kaum etablieren. Der Grund hierfür liegt neben der Honorierung vermutlich in der aufwendigen Organisation von Gruppenangeboten in der Einzelpraxis. Im stationären Bereich ist die Gruppe Standard.
Die Autoren der RKI-Analyse kritisieren zudem, dass keine verfahrensspezifische Gewichtung in der Bedarfsplanung vorgenommen wird. Mithilfe der Verhaltenstherapie könnten nämlich aufgrund der niedrigeren Stundenkontingente wesentlich mehr Patienten behandelt werden als mit den psychodynamischen Richtlinienverfahren. Dies hat Relevanz für die weitere Versorgungsplanung und sollte nicht als Stimmungsmache missverstanden werden.
Defizite gibt es schließlich auch in der Versorgungsforschung. So sind die Steuerungsprozesse der Inanspruchnahme der verschiedenen ambulanten und stationären Angebote völlig intransparent. Die Zuweisungskriterien sollten wissenschaftlich begründet werden. Zu klären ist auch, ob Umfang und Dauer der psychotherapeutischen Angebote angemessen und ob sie qualitativ gut und bedarfsgerecht sind. Es gibt noch viel zu tun – die Gesundheitsberichterstattung des Bundes hat gute Chancen, gehört zu werden.
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