ArchivDeutsches Ärzteblatt33/2008Thromboseprophylaxe: Dabigatrankapsel statt Heparinspritze

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Thromboseprophylaxe: Dabigatrankapsel statt Heparinspritze

Blaeser-Kiel, Gabriele

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Schematische Darstellung der Wirkung von Pradaxa: Dabigatranmoleküle (blau) inhibieren direkt das aktive Zentrum der Thrombinmoleküle (gelb) im Blutplasma. Foto: Boehringer Ingelheim
Schematische Darstellung der Wirkung von Pradaxa: Dabigatranmoleküle (blau) inhibieren direkt das aktive Zentrum der Thrombinmoleküle (gelb) im Blutplasma. Foto: Boehringer Ingelheim
Spezielle galenische Zubereitung vereinfacht das postoperative Management.

Mit Dabigatran (Pradaxa®) steht seit Kurzem ein neues Antikoagulans zur Primärprävention venöser Thromboembolien nach elektivem Hüft- oder Kniegelenkersatz zur Verfügung. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber den bisherigen Optionen ist für den Orthopäden Prof. Dr. med. Andreas Kurth (Frankfurt am Main) die Vereinfachung des postchirurgischen Managements:
- orale Einnahme statt subkutaner Injektion
- fixe Dosis statt individueller Dosisberechnung nach Körpergewicht und Risikoprofil
- kein aufwendiges Gerinnungsmonitoring.
In den Zulassungsstudien mit den richtungsweisenden Akronymen „RE-NOVATE“ und „RE-MODEL“ hatte sich Dabigatran als ebenso wirksam und sicher erwiesen wie die gegenwärtige Standardthromboembolieprophylaxe mit dem niedermolekularen Heparin Enoxaparin. Teilnehmer der Studien waren europäische, australische und südafrikanische Patienten mit chirurgischen Eingriffen zur Implantation von Hüftgelenk- (n = 3 494) und Kniegelenktotalendoprothesen (n = 2 076). Die randomisierte doppelblinde Behandlung erstreckte sich über einen Zeitraum von im Median 33 Tagen (Hüfte) beziehungsweise acht Tagen (Knie).

Innerhalb des Beobachtungszeitraums von drei Monaten gab es weder bei der Inzidenz venöser Thromboembolien (phlebografisch gesi-chert oder symptomatisch) noch bei der Mortalität signifikante Unterschiede zwischen den beiden Prophylaxeregimen. Ebenfalls vergleichbar war die Verträglichkeit. Schwer- wiegende unerwünschte Ereignisse inklusive klinisch relevanter Blutungskomplikationen waren unter Dabigatran und Enoxaparin gleichermaßen selten. Besonderes Augenmerk hatte man auf Veränderungen der hepatischen Funktion gelegt. Das engmaschige Monitoring der Enzymwerte ergab keinerlei Hinweise auf eine Lebertoxizität.

Die Wirksamkeit von Dabigatran beruht auf der direkten Inhibition von Thrombin. Das in den Boehringer-Ingelheim-Laboratorien maßgeschneiderte Molekül binde aufgrund seiner spezifischen Struktur direkt an das aktive Zentrum des Enzyms und blockiere somit seine katalytische Aktivität in der Gerinnungskaskade, erläuterte der internationale Leiter Medizin, Dr. med. Manfred Haehl, den Mechanismus. Das unterbinde beispielsweise die Aktivierung der Faktoren XI, VIII und V sowie der Thrombozyten, aber auch die Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin.

Zur Gewährleistung einer ausreichend hohen und möglichst gleichmäßigen Bioverfügbarkeit nach oraler Applikation wird der Wirkstoff als Pro-Drug in einer speziellen galenischen Zubereitung verabreicht. Die Pradaxa-Kapsel enthält Pellets, deren Weinsäurekern mit Dabigatranetexilat ummantelt ist (Abbildung). Die antikoagulatorische Wirkung setzt etwa 30 bis 60 Minuten nach Einnahme ein. Die Halbwertszeit liegt zwischen zwölf und 14 Stunden. Da Dabigatran nicht über das hepatische Zytochrom-System P450 metabolisiert wird, ist das Risiko für Interaktionen mit einer potenziellen Komedikation gering.

Zur Erweiterung des Indikationsspektrums von Dabigatran läuft derzeit weltweit ein sehr umfangreiches klinisches Forschungprogramm. Kurz vor dem Abschluss steht eine Untersuchung (n = 18 114) zur Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern. In weiteren Phase-III-Studien muss sich der Thrombininhibitor unter anderem bei der Akuttherapie von Venenthrombosen sowie der Sekundärprävention nach akutem Koronarsyndrom bewähren.
Gabriele Blaeser-Kiel

Pressekonferenz „Eine neue Ära der Thromboembolieprophylaxe für Patienten nach Knie- oder Hüftgelenkersatz-OP“ in Hamburg, Veranstalter: Boehringer-Ingelheim GmbH

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