ArchivDeutsches Ärzteblatt34-35/2008Bundesgerichtshof: Erneutes Urteil zum Zielleistungsprinzip

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Bundesgerichtshof: Erneutes Urteil zum Zielleistungsprinzip

Pieritz, Anja

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LNSLNS Das sogenannte Zielleistungsprinzip ist in der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) in § 4 Absatz 2 a verankert. Dort heißt es: „Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen Einzelschritte.“ Die Bundesärztekammer vertritt seit Langem die Auffassung, dass dieses Zielleistungsprinzip sowie die Allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt L GOÄ nur methodisch notwendige Leistungen beinhalten und keine im Einzelfall medizinisch notwendigen Leistungen (vergleiche auch „Zur Vergütung privatärztlicher Operationsleistungen“, Schulte-Nölke, NJW 32/2004, S. 2273 ff.).

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu diesem Thema beschäftigt sich mit der Nebeneinanderberechnung von verschiedenen (Ziel-)Leistungen im Thoraxraum (BGH, Az.: III ZR 239/0). Wichtiger als dieser konkrete Einzelfall sind die grundsätzlichen Äußerungen zum Zielleistungsprinzip, die im Zusammenhang mit den Urteilen des BGH zur Thyreoidektomie (BGH, Az: III ZR 344/03) und zum Hallux valgus (BGH, Az.: III ZR 217/05) zu sehen sind und die die Auffassung der Bundesärztekammer stützen. So heißt es in der Begründung des aktuellen Urteils: Das in § 4 Abs. 2 a Satz 2 GOÄ enthaltene Zielleistungsprinzip finde seine Grenze an dem Zweck dieser Bestimmung, eine doppelte Honorierung ärztlicher Leistungen zu vermeiden. Die Frage, ob im Sinn des § 4 Abs. 2 a GOÄ und des Absatzes 1 Satz 1 der Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts L einzelne Leistungen methodisch notwendige Bestandteile der in der jeweiligen Leistungsbeschreibung genannten Zielleistung seien, könne nicht danach beantwortet werden, ob sie im konkreten Einzelfall nach den Regeln ärztlicher Kunst notwendig seien, damit die Zielleistung erbracht werden könne. Vielmehr seien bei Anlegung eines abstrakt-generellen Maßstabs wegen des abrechnungstechnischen Zwecks dieser Bestimmung vor allem der Inhalt und systematische Zusammenhang der in Rede stehenden Gebührenpositionen zu beachten und deren Bewertung zu berücksichtigen. Im Urteil selbst wird ausgeführt, dass einem einheitlichen Behandlungsgeschehen auch mehrere Zielleistungen zugrunde liegen könnten, sei nach der jeweiligen Leistungslegende ebenfalls möglich. Absatz 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts L belege, dass auch die Gebührenordnung von einer solchen Möglichkeit ausgehe, indem sie die Abzugsleistungen für die Eröffnung der Brust- oder Bauchhöhle vorsehe. Daran werde deutlich, dass es einer genaueren Betrachtung einer in Rede stehenden Gebührenposition bedürfe und aus dem Umstand, dass nach ärztlicher Kunst verschiedene Leistungen in zeitlichem Zusammenhang zu erbringen seien, nicht ohne Weiteres zu schließen sei, es läge nur eine Zielleistung vor.

Es ist im Sinne der Ärzte, dass von höchster Instanz erneut der Auslegung, dass alles zum Zielleistungsprinzip gehört, was im konkreten Einzelfall erforderlich gewesen ist, eindeutig eine Absage erteilt wird. Dr. med. Anja Pieritz

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