MEDIZIN: Originalarbeit
Inanspruchnahme und Durchführung von sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen
Befragungen von mehr als 10 000 Langstreckenläufern
Utilization and Implementation of Sports Medical Screening Examinations – Survey of More Than 10 000 Long-Distance Runners
; ; ; ; ;
Einleitung: Sportärztliche Vorsorgeuntersuchungen können das gesundheitliche Risiko beim Sporttreiben reduzieren. Bislang gibt es allerdings keine epidemiologisch relevanten Daten zur Inanspruchnahme und Durchführung dieser Gesundheitsüberprüfungen.
Methode: Über einen Internetfragebogen (www.dshs-koeln.de/pace) und durch persönliche Befragungen von Langstreckenläufern wurden Angaben zur Akzeptanz und Durchführung von sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen erhoben.
Ergebnisse: Nur etwa 50 % der befragten 10 025 Ausdauertrainierten haben sich sportärztlich untersuchen lassen. Neu-/Wiedereinsteiger (42,0 %) nutzen sportmedizinische Vorsorgeuntersuchungen deutlich seltener (p < 0,01) als leistungsorientierte Sportler (59,9 %). Die Umfrage weist außerdem auf Mängel von vielen sportärztlichen Untersuchungen hin: So geben mehr als 15 % der untersuchten Läufer an, dass im Rahmen ihres Gesundheits-Checks keine körperliche Untersuchung stattfand. Ein Ruhe-EKG wurde nur bei 67,4 % der Untersuchten durchgeführt.
Diskussion: Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit von qualifizierten sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen. Mit Blick auf aktuelle Gesundheitskampagnen ist zu erwarten, dass künftig vermehrt übergewichtige Untrainierte aller Altersgruppen sportärztlich untersucht und beraten werden müssen.
Dtsch Arztebl 2008; 105(36): 609–14
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0609
Schlüsselwörter: sportärztliche Vorsorgeuntersuchungen, Prävention, Leitlinien, Gesundheitsrisiko, plötzlicher Herztod
Methode: Über einen Internetfragebogen (www.dshs-koeln.de/pace) und durch persönliche Befragungen von Langstreckenläufern wurden Angaben zur Akzeptanz und Durchführung von sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen erhoben.
Ergebnisse: Nur etwa 50 % der befragten 10 025 Ausdauertrainierten haben sich sportärztlich untersuchen lassen. Neu-/Wiedereinsteiger (42,0 %) nutzen sportmedizinische Vorsorgeuntersuchungen deutlich seltener (p < 0,01) als leistungsorientierte Sportler (59,9 %). Die Umfrage weist außerdem auf Mängel von vielen sportärztlichen Untersuchungen hin: So geben mehr als 15 % der untersuchten Läufer an, dass im Rahmen ihres Gesundheits-Checks keine körperliche Untersuchung stattfand. Ein Ruhe-EKG wurde nur bei 67,4 % der Untersuchten durchgeführt.
Diskussion: Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit von qualifizierten sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen. Mit Blick auf aktuelle Gesundheitskampagnen ist zu erwarten, dass künftig vermehrt übergewichtige Untrainierte aller Altersgruppen sportärztlich untersucht und beraten werden müssen.
Dtsch Arztebl 2008; 105(36): 609–14
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0609
Schlüsselwörter: sportärztliche Vorsorgeuntersuchungen, Prävention, Leitlinien, Gesundheitsrisiko, plötzlicher Herztod


Bedeutung sportärztlicher Vorsorge
Sportärztliche Vorsorgeuntersuchungen helfen, Gefährdungen sowie Krankheiten frühzeitig zu erkennen. Zweifellos können sie so dazu beitragen das gesundheitliche Risiko, insbesondere auch für den plötzlichen Herztod, erheblich zu verringern (1– 4). Die große Bedeutung von sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen bei der Senkung der Letalität zeigen die epidemiologischen Längsschnitterhebungen (Zeitraum 1979 bis 2004) von Corrado et al. (1) in Italien. Durch die verpflichtende Einführung derartiger Screening-Untersuchungen bei 12- bis 35-jährigen Athleten verringerte sich die Inzidenz des plötzlichen Herztodes nahezu kontinuierlich von anfangs 3,6 auf 0,4 Tote pro 100 000 Personenjahre. Dagegen blieb im gleichen Zeitraum die Mortalität des nicht sportärztlich untersuchten Bevölkerungsanteils der Nicht-Wettkampfsportler unverändert (1). Im Hinblick auf die wachsende Zahl von übergewichtigen Untrainierten – Zielgruppe zahlreicher Gesundheits-/Bewegungskampagnen – ist in Deutschland eine sportärztlich qualifizierte, gesundheitsorientierte Untersuchung dringend zu empfehlen (3, 5, 15). Während im olympischen Spitzensport für Kaderathleten sowie in einigen Profisportarten regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen Pflicht sind, existieren im freien Wettkampf- oder Breitensport bislang keine verbindlichen Regelungen (5, 16).
Leitlinie zur Vorsorgeuntersuchung im Sport
Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) legt mit der neuen S1-Leitlinie eine „Leitlinie zur Vorsorgeuntersuchung im Sport“ vor, die erstmals für den Sport außerhalb des Kader- oder Profibereichs evidenzbasierte Empfehlungen und Qualitätsstandards für sportärztliche Untersuchungen festlegt. Ziel ist, latente oder bereits vorhandene Krankheiten zu erkennen, die eine Gefährdung für den Sporttreibenden darstellen können (17). Mit den Vorsorgeuntersuchungen sollen Neu- und Wiedereinsteiger jeden Alters wie auch ambitionierte Freizeit-/Leistungssportler erreicht werden. Die Untersuchung umfasst Befragungen zur Familien- und Eigenanamnese, zum Sporttreiben sowie eine internistische und orthopädische Untersuchung. Die Anwendung apparativer Untersuchungen richtet sich nach dem Alter, dem Vorliegen von kardiovaskulären Risikofaktoren und gegebenenfalls weiteren Indikationen. Obligat ist ein Ruhe-EKG mit qualifizierter Beurteilung. Das Belastungs-EKG soll bei vorhandenen Symptomen durchgeführt werden. Es ist ebenfalls indiziert bei Männern ab dem 40. Lebensjahr und bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr, falls ein Risikofaktor vorliegt oder vor dem Beginn intensiver Belastungen. Ab einem Alter von 65 Jahren ist diese Untersuchung generell erforderlich. Weitere apparative Analysen, wie Lungenfunktionstests und Echokardiografie, sind nur bei Verdacht oder Symptomen indiziert.
PACE-Studie: Online-Befragungen von Ausdauersportlern
Trotz der großen Bedeutung von sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen gibt es in Deutschland bislang keine epidemiologischen Daten über ihre Inanspruchnahme. Quantifizierbare Angaben zu den durchgeführten sportärztlichen Untersuchungsmaßnahmen fehlen weitgehend, sodass offen ist, in welchem Umfang die DGSP-Empfehlungen bereits umgesetzt werden. Eine gute Abschätzung der Akzeptanz und der Anwendung von sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen ist über die laufende PACE-Studie (PACE: Performance, Age, Competition, Exercise) möglich, in der bereits die Marathon- und Halbmarathonleistungen von mehr als 300 000 Sportlern im Alter von 20 bis 80 Jahren analysiert wurden (18). Im Rahmen dieses Projektes wurde auch ein skalierter Online-Fragebogen entwickelt und in sechs Sprachen übersetzt. Er fragt relevante Daten zur Leistungsfähigkeit, zur Trainingsgestaltung, zur Lebensführung aber auch zu sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen ab. Die vorliegende Studie hat Angaben von rund 10 000 Langstreckenläufern zur Inanspruchnahme und Durchführung von sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen ausgewertet.
Methode
Der Online-Fragebogen (www.dshs-koeln.de/pace) wie auch das Vorgehen bei der Datenerhebung/-auswertung wurde durch die Ethikkommission der Deutschen Sporthochschule Köln und den Beauftragten für den Datenschutz des Landes Nordrhein-Westfalen geprüft und als unbedenklich eingestuft. Die Probandenakquise erfolgte über Pressemeldungen, Fachbeiträge, Verteilung von Flyern bei Laufveranstaltungen und Ankündigungen auf den Internetseiten von Sportveranstaltern, Verbänden und Vereinen. Die internetbasierte Datenerhebung wurde durch 512 persönliche Befragungen ergänzt, die im Rahmen von verschiedenen Laufveranstaltungen und bei Lauftreffs durchgeführt wurden. Hierdurch soll eine potenzielle Verzerrung der Online-Befragungen abgeschätzt werden. Die Rekrutierung und Ansprache von persönlichen Befragungsteilnehmern erfolgte ohne eine systematische Auswahl.
Der Fragenkomplex zur Inanspruchnahme und Gestaltung sportärztlicher Untersuchungen beginnt mit der Frage: „Haben Sie sich in den letzten zwei Jahren wegen ihrer sportlichen Aktivität sportärztlich untersuchen lassen?“ (Antwortmöglichkeiten: Ja / Nein). Wird sie bejaht, so soll in dem folgenden Textfeld spezifiziert werden, welche der folgenden Untersuchungen durchgeführt wurden. Die Untersuchungskategorien sind
- Körperliche Untersuchung (internistisch/orthopädisch)
- Blutdruck
- Ruhe-EKG
- Belastungs-EKG
- Lungenfunktion
- Blutuntersuchung.
Neben den medizinischen Fragen werden auch allgemeinere Daten wie Geschlecht, Alter, Größe und Gewicht erhoben. Darüber hinaus ermittelt der PACE-Fragebogen noch Daten zur Ausdauerleistung und zum Training, wie Anzahl absolvierter Marathon- und Halbmarathonläufe, Zeitpunkte und Laufzeiten des ersten, letzten und schnellsten Laufes, durchschnittliche Anzahl und Umfang der wöchentlichen Trainingseinheiten in den letzten zwölf Monaten. Die Teilnehmer sollen eine Selbstklassifizierung als Freizeit-/Gesundheits- oder Leistungs-/Wettkampfsportler vornehmen und ihre Sportmotivation darlegen (Fragebogen unter www.dshs-koeln.de/pace).
Datenpräsentation und Statistik
Die prozentualen Angaben zur Inanspruchnahme von sportärztlichen Untersuchungen beziehen sich auf das Gesamtkollektiv. Die Häufigkeitsangaben der einzelnen Untersuchungsmaßnahmen beziehen sich nur auf den Personenkreis, der sich sportärztlich untersuchen ließ. Die Befragungsdaten sind in den Grafiken 1 bis 3 als Häufigkeitsverteilungen dargestellt. Die Zuordnung erfolgt anhand folgender 10-Jahres-Intervalle: 20 bis 29 Jahre, 30 bis 39 Jahre, 40 bis 49 Jahre, 50 bis 59 Jahre und 60 bis 69 Jahre.
Als prüfendes statistisches Verfahren der Häufigkeitsverteilungen wurde der Chi-Quadrat-Test angewandt. Zur Bestimmung signifikanter Zusammenhangsvariablen wurden multivariate Analysen mittels binärer logistischer Regression (rückwärts schrittweise ausschließende Methode) durchgeführt und die dazugehörigen Odds Ratios (OR) berechnet (Tabelle 2). Zu jedem Odds Ratio wird das 95-%-Konfidenzintervall (KI) und die Irrtumswahrscheinlichkeit (p) berechnet. Die Güte des Modells wird mit dem Nagelkerkes-R-Quadrat beschrieben. Alle Datenanalysen erfolgten mit SPSS 12.1. Als signifikant wurde eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0,01 gewählt.
Ergebnisse
Befragungsteilnehmer
In der Zeit von November 2006 bis Februar 2008 nahmen 10 025 Ausdauersportler (Männer n = 7 810; Frauen n = 2 215) im Alter von 20 bis 70 Jahren an der weiterhin laufenden PACE-Studie teil. Die Alters- und Geschlechtsverteilung des befragten Läuferkollektivs (Tabelle 1) entspricht weitgehend der Verteilungsstruktur bei deutschen Marathon- und Halbmarathonveranstaltungen (18). 68,6 % der Läufer und 50,7 % der Läuferinnen gaben an, mindestens einen Marathonlauf absolviert zu haben. 21,8 % der Männer und 29,5 % der Frauen hatten ausschließlich aber mindestens einmal an einem Halbmarathon teilgenommen.
Mehr als ein Drittel der Läufer (35,7 %) und Läuferinnen (37,9 %) haben nach eigener Einschätzung vor Aufnahme des Lauftrainings keinen regelmäßigen Sport betrieben. 22,8 % der befragten Männer und 17,1 % der Frauen bezeichneten sich als Leistungs- beziehungsweise Wettkampfsportler.
Inanspruchnahme von sportärztlichen Untersuchungen
Die Online-Befragungen zeigen, dass nur etwa 50 % der Männer und 45 % der Frauen (p < 0,01) sportärztliche Untersuchungen in Anspruch nahmen (Tabelle 2). Diese Größenordnung (Tabelle 3) ergibt sich mit 47,7 % auch aus den persönlichen Befragungen von 512 Ausdauertrainierten (p > 0,01). Leistungsorientierte Sportler (59,9 %) lassen deutlich öfter eine sportärztliche Gesundheitsuntersuchung durchführen (p < 0,01) als Freizeit-/Breitensportler (46,8 %) oder Neu-/Wiedereinsteiger (42,0 %), die erst seit höchstens zwei Jahren regelmäßig trainieren. Relativ gering ist außerdem die Untersuchungsquote bei älteren Ausdauersportlern (Grafik 1). Rund 40 % der über 50-Jährigen sind in den letzten zwei Jahren nicht sportärztlich untersucht worden.
Mithilfe der multivariaten Datenanalyse können weitere Merkmale in die Auswertung miteinbezogen werden. So kann man ermitteln, welche Personen sich vergleichsweise häufig untersuchen lassen (Tabelle 4): Dies sind vor allem Sportler, die sich bereits einmal einer Leistungsdiagnostik mit Lactatbestimmung (OR 2,31) unterzogen haben, regelmäßig eine Pulsuhr (OR 1,41) verwenden, sich selbst als Leistungssportler (OR 1,31) einstufen oder Marathonläufe (OR 1,28) absolvieren.
Durchführung von sportärztlichen Untersuchungen
Mehr als 15 % der Ausdauertrainierten gaben an, dass im Rahmen ihres sportärztlichen Gesundheits-Checks keine körperliche Untersuchung erfolgte (Tabelle 2 und Tabelle 3). In der Kontrollgruppe der 512 persönlich befragten Langstreckenläufer trifft dies auf 16,6 % der sportärztlich untersuchten Sportler zu (Tabelle 3). Wie Grafik 2 zeigt, ist dies auch bei vielen Untersuchungen von älteren Ausdauertrainierten der Fall: Bei den über 60-Jährigen liegt dieser Anteil immerhin noch bei über 10 %.
Nur etwa 80 % der untersuchten Sportler berichteten von einer Blutdruckmessung (Tabelle 2). Das laut DGSP obligate Ruhe-EKG wurde nur bei 63 % der Frauen und bei 68 % der Männer durchgeführt. Grafik 3 zeigt zwar, dass ein Ruhe-EKG bei älteren Personen häufiger durchgeführt wird. Dennoch finden mehr als 10 % der sportärztlichen Gesundheits-Checks bei über 60-Jährigen ohne Ruhe-EKG statt. Ein Belastungs-EKG wurde bei knapp 64 % der Frauen und 72 % der Männer vorgenommen. In 49 % der sportärztlichen Untersuchungen erfolgte eine Überprüfung der Lungenfunktion.
Diskussion
Internetumfragen besitzen einerseits nicht zu unterschätzende methodische Fallstricke und Limitierungen. Neben potenziell fehlerhaften Eingaben bei der Online-Befragung stellt sich die grundsätzliche Frage, inwieweit die Ergebnisse repräsentativ sind. Auch wenn zunehmend immer mehr Personen das Internet nutzen, ist davon auszugehen, dass zum Beispiel ältere Sportler eher selten auf die PACE-Pressemeldungen, Fachbeiträge, Flyer und die Ankündigungen auf Internetseiten reagieren. Genauso wenig ist auszuschließen, dass Teilnehmer bei der Beantwortung des PACE-Fragebogens ärztliche Untersuchungen anzugeben vergaßen oder einige der Fragen nicht beantworten wollten.
Andererseits bestätigen die persönlichen Befragungen der zufällig ausgewählten Aktiven (n = 512) die Resultate der Internetbefragung weitgehend. Außerdem sprechen die ebenfalls über das Internet erfragten Marathon- und Halbmarathonzeiten für die Plausibilität der Daten, da diese gut mit den Laufzeiten aus den Ergebnislisten übereinstimmen (19). Bei der Einordnung der vorliegenden Resultate sollte nicht unberücksichtigt bleiben, dass mit der PACE-Studie ein großer Teil der derzeit aktiven Marathon- und Halbmarathonläufer erreicht wurde: Ausgehend von circa 200 000 Aktiven in Deutschland (18–21), haben rund 5 % den PACE-Fragebogen ausgefüllt.
Die Antworten der 10 025 Langstreckenläufer zu den sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen stimmen allerdings nachdenklich: Obwohl die Befragten sicherlich eine stark gesundheitsorientierte Subpopulation der Bevölkerung darstellen, hat nur etwa die Hälfte der Ausdauertrainierten in den letzten zwei Jahren eine sportärztliche Untersuchung in Anspruch genommen. Bedenklich ist vor allem, dass besonders viele ältere Freizeit-/Breitensportler wie auch Neu-/ Wiedereinsteiger keine sportärztliche Gesundheitsüberprüfung vornehmen ließen. Gerade bei diesem Personenkreis liegt ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen an Herz, Kreislauf und Bewegungsapparat vor (3–5). Die Befragungen weisen zudem auf Mängel im Rahmen der sportärztlichen Gesundheitsüberprüfung und zeigen, dass viele sportärztliche Vorsorgeuntersuchungen nicht den DGSP-Empfehlungen entsprechen (17). Dies ergibt sich sowohl aus der Internetumfrage als auch aus den persönlichen Befragungen: Etwa 15 % der befragten Sportler geben auch bei Nachfrage an, dass im Rahmen ihrer sportärztlichen Vorsorgeuntersuchung keine körperliche Untersuchung erfolgte. Bezieht man die Angaben zur Inanspruchnahme und der Durchführung von sportärztlichen Untersuchungen auf alle befragten Ausdauersportler, so konnten altersunabhängig nur etwa ein Drittel der Männer und ein Viertel der Frauen ein aktuelles EKG aufweisen. Auch wenn einige sportärztliche Kollegen aufgrund vorliegender aktueller EKG-Befunde auf diese Untersuchung verzichtet haben, ist unstrittig, dass nur eine Minderheit der aktiven Langstreckenläufer umfassend sportärztlich untersucht wurde.
Diese Situation ist aus präventiv-medizinischer Sicht sicherlich unbefriedigend. Angesichts der Gesundheitskampagnen einerseits und der großen Verbreitung von Bewegungsmangel und Übergewicht andererseits wird es künftig zunehmend wichtiger werden, dass bei Sporteinsteigern eine qualifizierte sportärztliche Untersuchung erfolgt. Voraussetzung ist jedoch, dass diese auch vom angesprochenen Personenkreis nachgefragt wird.
Eine mögliche Ursache für die geringe Inanspruchnahme könnten die entstehenden Kosten für sportärztliche Vorsorgeuntersuchungen sein. Deren Übernahme ist derzeit keine direkte Leistung der Krankenkassen. Angesichts der großen präventiven Bedeutung von Bewegung und Sport empfiehlt sich jedoch die Kostenübernahme von sportärztlichen Vorsorgeuntersuchungen für Sporttreibende, wie früher in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen und Berlin (17) üblich. Eine derartige Maßnahme wäre sicherlich auch für derzeitige und künftige Gesundheitskampagnen, wie die „Fit statt Fett“-Initiative der Bundesregierung, sehr vorteilhaft.
Erforderlich ist allerdings auch, dass ein qualifizierter sportärztlicher Gesundheits-Check erfolgt. Die vorliegenden Daten sprechen dafür, dass hier noch erhebliches Verbesserungspotenzial besteht. Insofern ist sehr zu hoffen, dass die DGSP-Empfehlungen zur „Vorsorgeuntersuchung im Sport“ in der Praxis möglichst schnell und vollständig umgesetzt werden (17).
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) empfiehlt zusammen mit der DGSP qualifizierte Untersucher für solche Vorsorgeuntersuchungen (www.dosb.de/www.dgsp.de). Eine prospektive Kohortenstudie über mehrere Jahre wäre sinnvoll und notwendig, um die Effekte der Vorsorgeuntersuchungen zu prüfen.
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 28. 11. 2007; revidierte Fassung angenommen: 18. 3. 2008
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Dr. Sportwiss. Dieter Leyk
Deutsche Sporthochschule Köln
Institut für Physiologie und Anatomie
Am Sportpark Müngersdorf 6
50933 Köln
E-Mail: Leyk@dshs-koeln.de
Summary
Utilization and Implementation of Sports Medical Screening Examinations – Survey of More Than 10 000 Long-Distance Runners
Introduction: Preventive medical checkups may help to lower the health risks incurred by participation in sporting activity. However, there are no epidemiologically relevant data on either utilization or implementation of such checkups. Methods: An internet questionnaire (www.dshs-koeln.de/pace) and personal interviews of long-distance runners were used to obtain information on the acceptance and realization of medical checkups. Results: Only 50% of 10 025 runners had undergone preventive medical screening. Beginners and returnees to long-distance running are significantly less likely to have themselves checked than performance-oriented athletes (42.0% vs. 59.9%; p < 0.01). Moreover, the survey revealed deficiencies in many sports medical tests; for example, over 15% of runners screened stated that their checkup had not included physical examination. Resting ECG was performed in only 67.4% of cases. Discussion: The findings underline the need for qualified pre-emptive sports medical screening. If current public health campaigns are successful, higher numbers of overweight, untrained persons of all age groups will have to be examined and advised.
Dtsch Arztebl 2008; 105(36): 609–14
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0609
Key words: pre-emptive sports medical screening, prevention, guidelines, health risks, sudden cardiac death
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
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Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Physiologie und Anatomie, Köln: Prof. Dr. med. Dr. Sportwiss. Leyk, Dr. Sportwiss. Rüther, Dipl.-Sportwiss. Wunderlich, Dipl.-Sportl. Sievert; Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz, Laborabteilung IV – Wehrmedizinische Ergonomie und Leistungsphysiologie, Koblenz: Prof. Dr. med. Dr. Sportwiss. Leyk, Dr. med. Erley; Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (Deutscher Sportärztebund) e.V. (DGSP), Freiburg: Prof. Dr. med. Löllgen
Grafik 1
Grafik 2
Grafik 3
Tabelle 1
Tabelle 2
Tabelle 3
Tabelle 4
1. | Corrado D, Basso C, Pavei A, Schiavon M, Thiene G: Trends in sudden cardiac death in young competitive athletes after implementation of a preparticipation screening program. JAMA 2006; 296: 1593–01. MEDLINE |
2. | Corrado D, Pelliccia A, Bjørnstad HH et al.: Cardiovascular pre-participation screening of young competitive athletes for prevention of sudden cardiac death: proposal for a common European protocol. Eur Heart Journal 2005; 26: 516–24. MEDLINE |
3. | Löllgen H, Gerke R, Lenz S: Plötzlicher Herztod im Sport. Notfallmedizin 2003; 29: 148–58. |
4. | Löllgen H, Gerke R, Steinberg T: Der kardiale Zwischenfall im Sport. Dtsch Arztebl 2006; 103(23): A1617–22. VOLLTEXT |
5. | Kindermann W: Plötzlicher Herztod beim Sport. Dtsch Z Sportmed 2005; 56: 106–7. |
6. | Roberts WO, Maron BJ: Evidence for decreasing occurrence of sudden cardiac death associated with the Marathon. JACC 2005; 46: 1373–4. MEDLINE |
7. | Maron BJ, Poliac, LC, Roberts WO: Risk for sudden cardiac death associated with marathon running. J Am Coll Cardiol 1996; 28: 428–31. MEDLINE |
8. | Tunstall Pedoe DS: Sudden cardiac death in sport-spectre or preventable risk? Br J Sports Med 2000; 34: 137–40. MEDLINE |
9. | Tunstall Pedoe DS: Sudden death risk in older athletes: increasing the denominator. Br J Sports Med 2004; 38: 671–2. MEDLINE |
10. | Tunstall Pedoe DS: Marathon cardiac deaths. The London Experience. Sports Med 2007; 37: 448–50. MEDLINE |
11. | Löllgen H, Löllgen D: Körperliche Aktivität und Primärprävention. Dtsch Med Wochenschr 2004; 129: 1055–6. MEDLINE |
12. | NIH Consensus development panel on physical activity and cardiovascular health. JAMA 1996; 276: 241–6. MEDLINE |
13. | Pollock ML, Franklin BA, Balady GJ et al.: Resistance exercise in individuals with and without cardiovascular disease: benefits, rationale, safety, and prescription: an advisory from the Committee on Exercise, Rehabilitation, and Prevention, Council on Clinical Cardiology, American Heart Association; Position paper endorsed by the American College of Sports Medicine. Circulation 2000; 101: 828–33. MEDLINE |
14. | Wartburton DER, Whitney C, Bredin SSD: Health benefits of physical activity: the evidence. CMAJ 2006; 174: 801–9. MEDLINE |
15. | Trappe HJ: Sport und plötzlicher Herztod. Herz Heute 2006; 2: 20–4. |
16. | Heinrich L, Schmid A, Vogt S, Schumacher Y-O, Berbalck A, Dickhuth H-H: Die kardiovaskuläre Voruntersuchung im Wettkampfsport. Herz 2006; 31: 514–8. MEDLINE |
17. | DGSP: Leitlinie Vorsorgeuntersuchung im Sport. Freiburg 2007. |
18. | Leyk D, Erley O, Ridder D et al.: Age-related changes in marathon and half-marathon performances. Int J Sports Med 2007; 28: 513–7. MEDLINE |
19. | http://www.marathon.de/news/marathonstatistikdeutschland.html (Abfragedatum: 4. 12. 2007) |
20. | http://www.marathon-bestenliste.de (Abfragedatum: 4. 12. 2007) |
21. | http://wapedia.mobi/de/Halbmarathon?t=3.2.1 (Abfragedatum: 4. 12. 2007) |
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Revista Científica Multidisciplinar Núcleo do Conhecimento, 202110.32749/nucleodoconhecimento.com.br/quimica/exames-laboratoriais
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Deutsches Ärzteblatt international, 201010.3238/arztebl.2010.0742
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Deutsches Ärzteblatt international, 201010.3238/arztebl.2010.0809
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Deutsches Ärzteblatt international, 201810.3238/arztebl.2018.0409
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Rossiyskiy Vestnik Perinatologii i Pediatrii (Russian Bulletin of Perinatology and Pediatrics), 202210.21508/1027-4065-2022-67-5-130-134
-
CardioSomatics, 201710.26442/CS45301
Piper, Jörg
Leyk, Dieter; Löllgen, Herbert
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