ArchivDeutsches Ärzteblatt36/2008Vorwurf der Cholesterinlüge entkräftet

AKTUELL: Akut

Vorwurf der Cholesterinlüge entkräftet

Hillienhof, Arne

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LNSLNS Wissenschaftler eines internationalen Konsortiums haben eine Variante im Gen für den Low-Density-Lipoprotein(LDL-)Rezeptor entdeckt, die lebenslang mit geringeren LDL-Cholesterinwerten im Blut assoziert ist. Die Forscher unter Federführung der Medizinischen Klinik II der Universität zu Lübeck haben außerdem nachgewiesen, dass Träger dieses Merkmals ein geringeres Herzinfarktrisiko haben als Menschen ohne diese Variante (http://dx.plos.org/10.1371/ journal.pone.0002986).

Ein kausaler Zusammenhang zwischen Cholesterin und Herzinfarkt wird als sogenannte Cholesterinlüge immer wieder angezweifelt. Das Hauptargument: Erhöhte Cholesterinkonzentrationen im Blut seien nicht die Ursache für kardiovaskuläre Ereignisse, sondern bildeten nur einen ungünstigen Lebensstil oder schädliche Umwelteinflüsse indirekt ab; ungesunder Lebensstil und Umweltfaktoren seien Verursacher von Herzinfarkten.

Die jetzt publizierten Daten gehen auf das Cardiogenics und Wellcome Trust Case Control Consortium zurück. Mehr als 10 000 Menschen aus der deutschen und britischen Bevölkerung in allen Altersgruppen wurden untersucht, vom Kleinkind bis ins hohe Lebensalter.

Erniedrigtes Myokardinfarktrisiko
Die neu entdeckte Variante des LDL-Rezeptorgens findet man bei elf Prozent der europäischen Bevölkerung. Sind die Träger homozygot für das Merkmal, sinkt das LDL-Cholesterin im Durchschnitt um 14 mg/dl. Dies ließe theoretisch eine Abnahme des Herzinfarktrisikos um 21 Prozent vermuten, aber nur dann, wenn LDL-Cholesterin auch die Ursache ist. Ernährung und Umwelteinflüsse haben keinen Einfluss auf diese Art der vererbten Absenkung des schädlichen LDL-Cholesterins.

Die Beziehung zum Herzinfarktrisiko untersuchten die Wissenschaftler an 7 000 Teilnehmern populationsbasierter Studien. Das Ergebnis: Träger der Genvariante hatten ein um 23 Prozent niedrigeres Herzinfarktrisiko.

„Die Bedeutung der neuen Erkenntnisse liegt vor allem darin, dass diese Genvariante vom frühen Kindesalter bis in die hohen Lebensjahre den Cholesterinspiegel in gleichem Maß beeinflusst und sich eins zu eins in einer Erniedrigung des Herzinfarktrisikos abbildet. Umwelteinflüsse und andere Faktoren spielen für diesen Zusammenhang keine Rolle“, resümieren die Autoren. Der Vorwurf der Cholesterinlüge könne nun zu den Akten gelegt werden. hil

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